Dienstag, 31. März 2009

Dorum-Neufeld


Cleo auf einer Bune am Dorumer Tief
(zum Vergrößern bitte - "wie immer" - auf die Fotos klicken)


Am Sonntag war ich mit unserer Hündin Cleo am Dorumer Tief bei Dorum-Neufeld. Es gibt dort einen betonierten Fußweg an der Grenze zwischen Deichvorland und Watt. Nachdem sie die ganze Woche über nie länger als eine knappe Stunde am Stück in der Stadt an der Leine laufen konnte, hat Cleo sich einmal wieder richtig austoben können.

Der Ortsteil Dorum-Neufeld liegt ungefähr 6 km nordöstlich der Ortsmitte von Dorum im Land Wursten zwischen Bremerhaven und Cuxhaven. Ich kann nicht sagen, wie alt Dorum genau ist, aber die Kirche des Ortes stammt aus dem 12. Jahrhundert.



Strandhalle, Wellenfreibad, Nationalparkhaus, ...

Dieser Gebäudekomplex besteht aus der Strandhalle, einem Wellenfreibad, dem Nationalparkhaus und weiteren Einrichtungen für den Tourismus. Er liegt etwas erhöht auf einer Wurt, einer künstlichen Erdaufschüttung vor dem Deich. Bei Sturmflut werden Fenster und Türen der unteren Geschosse mit außen an den Gebäuden angebrachten Stahlplatten abgedichtet. Den Wurten, auf denen die Bauernhöfe errichtet wurden bevor es die Seedeiche gab, verdankt das Land Wursten, das flache Marschenland zwischen Bremerhaven und Cuxhaven, seinen Namen.



Leuchtturm Eversand-Oberfeuer

Der ehemalige Leuchtturm Eversand-Oberfeuer, oder kurz "Obereversand", wurde in den Jahren 1886 bis 1887 Bremerhavener Werft AG. „Weser“ im Auftrage der Hansestadt Bremen im Wuster Watt auf dem Eversand errichtet. Sände sind "Erhöhungen" im Watt, die bei ablaufendem Wasser zuerst trockenfallen. Zusammen mit dem Eversand-Unterfeuer wurde damit eine Lücke in der Befeuerung für die von See in die Weser einfahrenden Schiffe durch den Wurster Arm der Außenweser geschlossen. Dadurch waren die Bremerhavener Häfen auch bei Nacht sicher erreichbar.

Im Zeitraum von 1887 bis 1922 kam es zu natürlichen Verlagerungen der Stromrinnen und Sände, die 1922 die Verlegung des Weser- Hauptfahrwassers vom Wurster- in den Fedderwarder Arm nötig machten. Damit verloren die beiden Leuchttürme auf dem Eversand ihre Bedeutung als Seezeichen. Obereversand wurde bis 1994 als Rettungsbake für Schiffbrüchige instandgehalten. Nachdem Eisgang die Unterkonstruktion beschädigt hatte, wurde der Leuchtturm Obereversand Anfang 2003 nach Dorum-Neufeld versetzt. Der 37,40 Meter hohe Turm mit seinen zwei Aussichtsgalerien dient jetzt als Hafenfeuer von Dorum-Neufeld und beherbergt eine kleine Ausstellung, die vom Förderverein Leuchtturmdenkmal Obereversand e.V. betrieben wird.



Dorumer Tief

Diese Fotos zeigen den Blick von der unteren Aussichtsgalerie. Ähnlich wie am Wremer Tief gibt es auch am Dorumer Tief bei Dorum-Neufeld einen kleinen Kutterhafen. Hinter dem Deich sieht man die Häuser von Dorum-Neufeld.



Würster Küste bei Dorum-Neufeld

Der Blick entlang der Küste flussabwärts in Richtung Cuxhaven und flussaufwärts in Richtung Bremerhaven sind die Windparks nicht zu übersehen, die bei uns auch weiter landeinwärts inzwischen zum gewohnten Anblick geworden sind. Die ersten zaghaften Versuche mit größeren Windkraftanlagen begannen in der Feldmark des Bremerhavener Stadtteils Weddewarden in den achziger Jahren des letzten Jahrhunderts mit einem "Monopterus", einem einflügeligem Rotor. Die Versuchsanlage hatte eine Nennleistung von 400 kW und hat vermutlich mehr stillgestanden, als dass sie in Betrieb war. Die damalige Bauform konnte sich aufgrund verschiedener Probleme nicht durchsetzen. In Bremerhaven munkelte man damals, das Ding sei dort nur aufgebaut worden, um zu beweisen, dass die Stromerzeugung aus Windenergie technisch nicht machbar sei. Wie man sieht konnte dieser Beweis damals trotz vieler Anstrengungen nicht erbracht werden. Irgendwann gelangte die Kunde über die Existenz größerer Windparks im benachbarten Ausland nämlich auch nach Deutschland. Natürlich ist die Windkraft nicht das Allheilmittel im Kampf gegen die Klimaerwärmung, aber sie wird darin ein wichtiger Bestandteil im zukünftigen Energie-Mix aus regenerativen Energiequellen sein.



Kutterhafen

Kutter im Hafen von Dorum-Neufeld am Dorumer Tief.



Schaubiotop ...


... und Pflanzen im Watt

Zu den Einrichtungen des Nationalparkhauses gehört neben einer Ausstellung im Haus auch ein kleines Schaubiotop. Am Geländer des Holzstegs sind Tafeln angebracht, die sehr anschaulich den Übergang vom Watt über die Verlandungszone und die Salzwiese zum Deichvorland erklären. Wie sich die ersten Pflanzen im Watt ansiedeln kann man neben der Seebrücke zum Leuchtturm Obereversand "life" sehen.



Überflutetes Watt

Blick bis zum Horizont über das Dorumer Watt bei Hochwasser.



Möven

Die Möven auf der Bune haben sich so prächtig miteinander unterhalten, dass man das bis zum Stand noch recht deutlich verstehen konnte :o)

Montag, 30. März 2009

Tödliche Irrtümer

1982 wurde Sean Hodgson wegen einer damals drei Jahre zurückliegenden Vergewaltigung und Ermordung einer Barfrau in Southampton (England) als Mörder zu lebenslanger Haft verurteilt. Nachdem er 27 Jahre unschuldig im Gefängnis verbringen musste, wurde er jetzt freigelassen. Eine erneute DNA-Analyse der Sperma-Spuren vom Opfer beweist, dass Herr Hodgson mit Sicherheit nicht der Vergewaltiger sein kann.

Wären die jetzt gewonnenen Erkenntnisse bereits zum Zeitpunkt der Verurteilung verfügbar gewesen, dann hätten die Ermittlungen zu anderen Ergebnissen und zu einem anderen Prozess mit einem anderen Angeklagten geführt. Damals war es den Ermittlern jedoch technisch noch nicht möglich, DNA-Spuren mit den Proben Verdächtiger zu vergleichen. Die Annahme, dass der Vergewaltiger auch der Mörder des Opfers sein müsse, erwies sich zusätzlich als fataler Irrtum der Staatsanwaltschaft, denn auch andere Spuren vom Tatort wiesen keinerlei Verbindung zu Herrn Hodgson auf.

30 Jahre nach dem Verbrechen soll jetzt versucht werden, den wahren Täter doch noch anhand der DNA-Spuren zu identifizieren und zu überführen. 27 Jahre zu unrecht von der Gesellschafft geächtet zu sein, von den Familienangehörigen des Opfers zu unrecht gehasst zu werden und zu unrecht der Freiheit beraubt gewesen zu sein: Ich kann mir nicht vorstellen, wie ein Opfer eines solchen Justizirrtums das alles seelisch verkraften soll. Ebensowenig kann ich mir vorstellen, wie den Angehörigen des Opfers jetzt, da sie wissen, dass der Mörder nach 30 Jahren immer noch frei herumläuft, zumute sein muss.

Immerhin hat Herr Hodgson jetzt noch die Möglichkeit, wenigstens den ihm verbleibenden Rest seines Lebens in Freiheit zu verbringen. Andere Opfer von Justitzirrtümern in anderen Staaten, in denen Mord mit dem Tode bestraft wird, hatten diese Chance nicht. Der Fall des Herrn Hodgson liefert jedenfalls wieder einmal ein eindringliches Argument gegen die Todesstrafe.


Der Gefängnispfarrer und seine Tonbänder

Unter den westlichen demokratischen Gesellschaften sind es die USA, die immer wieder mit der Vollstreckung von Todesurteilen für Schlagzeilen sorgen. Es gibt dort ebenso Gegner wie auch Befürworter der Todesstrafe. Der Kampf der Gegner der Todesstrafe beschäftigte immer wieder die US amerikanischen Gerichte, und aufgrund von Gerichtsentscheidungen wurde die Todesstrafe mehrfach ausgesetzt, abgeschafft und wieder eingeführt.

Nach einer Hinrichtung am 2. Juni 1967 kam es zu einem faktischen Vollstreckungsmoratorium in den USA, da mehrere Fälle über die grundsätzliche Zulässigkeit beim Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten vorlagen. Am 29. Juni 1972 erklärte der Oberste Gerichtshof 40 Todesstrafengesetze für nichtig, setzte die Todesstrafe im ganzen Land aus und wandelte die Todesurteile von 629 Gefangenen in lebenslängliche Haftstrafen um. 1976 wurde die Todesstrafe wieder in Kraft gesetzt.

1980 trat Carroll Pickett seinen Dienst als Gefängnispfarrer in der Haftanstalt Huntsville (USA, Texas) an. Pfarrer Pickett begleitete 13 Jahre lang, bis zu seiner Pensionierung, 96 Todeskandidaten auf ihrem letzten Weg. Da er niemanden hatte, mit dem er über seine eigene seelische Belastung reden konnte, sprach er von seinen Erlebnissen, wenn er allein zu Hause war. Er nahm seine Gedanken und in Worte gefassten Gefühle auf Tonbänder auf, die er dann wegschloss und aufbewahrte. "Niemand durfte davon wissen.", sagt er. "Hätte ich während meiner Zeit als Pfarrer protestiert, wäre ich wohl entlassen worden". Erst später - nach seiner Pensionierung - vertraute er sich auch anderen Menschen an.

Weil er das Grundprinzip der Todesstrafe nicht nachvollziehen kann, ist Pfarrer Pickett heute ein erklärter Gegner der Todesstrafe: "Viele der Hingerichteten waren schlechte Menschen," sagt er.
  • "Aber wie kann ein Staat Menschen töten,
    um anderen zu zeigen, dass es falsch ist zu töten?"
Nach einem ausführlichem Studium der Akten ist sich Pfarrer Pickett sicher, dass mindestens 15 der von ihm Betreuten unschuldig waren. Als Beispiel nennt er Carlos DeLuna, einen geistig Behinderten, dem zur Last gelegt wurde, eine Tankstellenangestellte ermordet zu haben. Pfarrer Pickett vermutet, er sei aufgrund der falschen Beschuldigung eines Mittäters zum Tode verurteilt worden. In der Todeskammer fragte Carlos DeLuna den Pfarrer: "Kann ich dich Daddy nennen?" Der zum Tode Verurteilte sei geistig so zurückgeblieben gewesen, dass er kaum begriffen habe, was um ihn herum vorging. Pfarrer Pickett blieb bei ihm, bis er am Gift aus der Spritze gestorben war.
  • Im Jahre 2002 entschied der Oberste Gerichthof der USA, dass geistig behindete Straftäter nicht mehr hingerichtet werden dürfen. Zu dieser Zeit war es noch im 38 US-Bundesstaaten möglich, Straftäter zum Tode zu verurteilen. In 18 dieser Bundesstaaten waren Hinrichtungen geistig Behinderter jedoch bereits vor dem Urteil des Obersten Gerichthofes von 2002 verboten.
Als ihm die ersten Zweifel kamen, habe er erwogen, seine Rolle im staatlichen Tötungsapparat aufzugeben, sagt Pfarrer Pickett. Irgendwann hörte der Pfarrer auf, sich mit Selbstzweifeln zu quälen und kam für sich zu der Erkenntnis: "Gott wollte nicht, dass diese Menschen alleine sterben."

Am Ende muss jeder mit sich selbst zurechtkommen ...

... und jeder muss seinen eigenen Tod sterben. Der Tod ist etwas individuelles und er ist endgültig. Der Tod lässt sich nicht rückgängig machen. Ein vollstrecktes Todesurteil lässt sich später nicht mehr korrigeren. Die Mörder müssen ebenso ihren eigenen Tod sterben, wie vorher deren Opfer ... - und wie die unschuldig zum Tode Verurteilten. Und der Pfarrer muss damit zurechtkommen, dass er nichts daran ändern kann, dass diese Menschen eben doch allein sterben mussten. Das einzige, was er für die zum Tode Verurteilten tun konnte - ob schuldig oder unschuldig - war, bei ihnen zu sein ... - bis sie tot waren.

Ich habe große Hochachtung vor Geistlichen und anderen Menschen, die die Kraft aufbringen können, todkranken Menschen seelichen Beistand zu leisten, bis diese gestorben sind. Welche Kraft muss da erst ein Pfarrer aufbringen können, der Menschen bis zu ihrem Tod zur Seite steht, wenn er sich bewusst ist, dass diese gesund sind und eigentlich noch ein langes Leben vor sich hätten - auch wenn es als erwiesen gilt, dass es sich um Mörder handelt? Welche seelischen Qualen muss ein solcher Pfarrer ausstehen, wenn er dann auch noch Zweifel hat, ob der Verurteilte überhaupt Schuld am Tod eines anderen Menschen ist?

Ich habe nie verstehen können, warum sich Vertreter der christlichen Kirchen von staatlichen Institutionen dafür missbrauchen lassen, den gewaltsamen Tod von Menschen moralisch zu rechtfertigen oder doch zumindest stillschweigend hinzunehmen.

Ebenso, wie für die Gefängnispfarrer in Ländern, in denen Todesurteile vollstreckt werden, beziehe ich das auch ausdrücklich auf "Militärgeistliche". Das ist doch der reine Irrsinn: Zwei Staaten, deren Regierungsmitglieder von sich behaupten sie seien Christen, hetzten ihre (ebenfalls christlichen) Soldaten aufeinander. Die kirchlichen Vertreter beider Staaten beten vorher noch schnell für das Wohl ihrer Schäfchen, die sich anschließend gegenseitig umbringen, obwohl alle aus der Bibel wissen, dass ihr gemeinsamer Gott ihnen das Töten verboten hat!


USA: Abschaffung der Todesstrafe in New Mexico ...

In den USA ist die Gerichtsbarkeit Sache der Bundesstaaten. Texas - der Staat, in dem Pfarrer Pickett seinen Dienst versah - hält bezüglich der Anzahl der vollstreckten Todesurteile den traurigen Rekord in den USA. New Mexico schlägt jetzt einen anderen Weg ein und schafft als 15. US-Bundesstaat die Todesstrafe ab. "Angesichts der Realität, dass unser System für die Verhängung der Todesstrafe niemals perfekt sein kann, zwingt mich mein Gewissen, die Todesstrafe durch eine Lösung zu ersetzen, die die Sicherheit der Gesellschaft wahrt", sagte Gouverneur Richardson. Dem Justizsystem, wie es derzeit arbeite, traue er nicht zu, letzte Entscheidungsinstanz über Leben und Tod zu sein. In den USA aber seien immer wieder Unschuldige in die Todeszelle geraten. Herr Richardson zählte früher zu den Befürwortern der Todesstrafe. Ab dem 1. Juli 2009 ist die Lebenslange Haft ohne die Möglichkeit einer Begnadigung die neue Höchststrafe in New Mexico.


... und Todesurteil in Kalifornien

Während der US-Bundesstaat New Mexico die Todesstrafe gerade abschafft, hat im Bundesstaat Kalifornien ein Geschworenengericht einen achtunddreißigjährigen Brandstifter zum Tode verurteilt.

Bei den schweren Bränden nahe Palm Springs im Oktober 2006 war ein Löschteam in einem Waldgebiet von einer Feuerwalze überrollt worden. Dabei kamen fünf Feuerwehrleute ums Leben. Nachdem er schon früher in Verdacht geraten war, in derselben Region kleinere Feuer gelegt zu haben, war Raymond Oyler einige Tage nach dem Ausbruch des Großbrandes festgenommen worden. Laut Aussage einer Freundin hatte er mit seinen Taten angegeben, und die Polizei hatte im Auto des Täters zahlreiche Beweismittel sichergestellt.

Als Strafe wäre auch eine lebenslange Haft möglich gewesen. Bevor die Jury das Urteil fällte, hatte sich die Staatsanwaltschaft für die Hinrichtung des Mannes plädiert. Der Verteidiger sprach sich hingegen für eine lebenslange Haftstrafe ohne Möglichkeit einer Begnadigung aus, da die Todesfälle nicht beabsichtigt gewesen seien.

In letzter Instanz hat der Richter noch die Möglichkeit, sich über den Spruch der Jury hinwegsetzen, und statt der Todesstrafe eine lebenslange Haftstrafe ohne Möglichkeit einer Begnadigung verhängen. Er wird seine Entscheidung am 5. Juni 2009 festlegen.
  • Aufgrund weiterer Ermittlungen im Anschluss an die Verhängung von Todesurteilen wurde in den USA während der Jahre von 1900 bis 1985 nachträglich der Beweis für die Unschuld von 350 Menschen erbracht. Für 23 von ihnen kam der Beweis für ihre Unschuld zu spät: Sie waren bereits umgebracht worden. Bis 2007 wurden in den USA insgesamt 15 Todeskandidaten aufgrund neuer DNA-Beweise freigesprochen.

In China ist ein Menschenleben nicht viel wert

Weltweit ist China ist das Land mit den meisten Hinrichtungen. Laut Amnesty Intenational sind dort im letzten Jahr - dem Jahr, in dem die Welt in Peking die Olympischen Spiele feierte - 1718 Menschen hingerichtet worden. Weltweit sei die Todesstrafe fast doppelt so häufig vollstreckt worden, wie im Jahr zuvor. Der starke Anstieg sei im wesentlichen auf die Entwicklung in China zurückzuführen. Weltweit seien im Jahre 2008 insgesamt 2390 Menschen durch Exekutionen gestorben - mehr als zwei Drittel davon in China. 2007 seien weltweit 1252 Hinrichtungen bekannt geworden. Genaue Zahlen gäbe es aber nicht. Hinrichtungen fallen in China nach Auskunft von Amnesty International in den Bereich des Staatsgeheimisses. Daher handele es sich bei den Zahlen aus China nur um öffentlich bekannt gewordenen Hinrichtungen. Die tatsächliche Zahl läge um ein Vielfaches höher. Schätzungen von Menschenrechtlern würden von bis zu 10000 Fällen pro Jahr ausgehen.

So sei es durchaus möglich, dass im letzten Jahr in China nicht tatsächlich mehr Todesurteile verstreckt worden sind als 2007, sondern dass aufgrund der um ein Vielfaches größeren Berichterstattung über China im Olympia-Jahr einfach nur mehr Exekutionen öffentlich bekannt geworden seien.

Das Internationale Olympische Kommitee (IOC) hatte in die Vergabe der Olympischen Spiele an Peking die Hoffnung geknüpft, dass sich dadurch in China etwas an der Missachtung der Menschenrechte und dem Umgang mit der Todesstrafe ändern würde. Diese Hoffnungen haben sich nicht erfüllt. Mit den Vorgängen in Tibet zu Beginn des Olympia-Jahres wurde dieses der Welt bereits im Voraus deutlich vor Augen geführt, und die Reaktionen auf bekannt gewordene Menschenrechtsverletzungen im Vorfeld der Olympischen Spiele seitens des IOC wirkten auf mich am Ende einfach nur noch peinlich.


Meine Meinung

Ein Mörder verstößt nach meinem Verständnis gegen das fundamentalste aller Menschenrechte: Das Recht auf Leben. Ein Mörder, der als Christ in einer christlich geprägten Gesellschaft aufgewachsen ist, verstößt außerdem gegen das Gebot Gottes, der höchsten Instanz für einen Christen. Mord ist aus meiner Sicht das schwerste Verbrechen, dessen ein Mensch sich schuldig machen kann. Gegen einen Mörder muss daher die härteste, mögliche Strafe verhängt werden. Das ist nach meiner Überzeugung der Freiheitsentzug bis zum Ende des Lebens. Damit meine ich nicht das bei uns übliche "Lebenslänglich". Diese Freiheitsstrafe endet für Straftäter in vielen Fällen mit der Entlassung aus dem Gefängnis nach 25 Jahren.

Wenn ein Mörder bis zum Ende seines Lebens im Gefängsnis ist, ohne die Aussicht jemals wieder in Freiheit zu sein, dann wird das eine längere, und damit wahrscheinlich härtere Strafe sein, als wenn er die Gewissheit hat, dass seine Stafe nach einer relativ kurzen Zeit mit seinem Tod beendet wird. Zudem kann ich mir vorstellen, dass die Gedanken eines zum Tode verurteilten Mörders sich letztlich im wesentlichen um Ängste im Zusammenhang mit seinen eigenen Tod drehen werden. Ein Mörder, der den Rest seines Lebens in Gefangenschaft verbringen muss, hat dagegen sehr lange Zeit, sich immer wieder aufs neue mit seiner Schuld auseinanderzusetzen. Mit jedem Morgen, den er in einer Gefängniszelle erwacht, wird er daran erinnert.

Sollte sich jedoch einmal - wie im Falle des Herrn Hodgson - herausstellen, dass ein Mensch zu Unrecht wegen eines Mordes verurteilt wurde, den er gar nicht begangen haben kann, dann kann er immer noch in die Freiheit entlassen werden ... - auch wenn das Unrecht, das ihm angetan wurde, niemals wirklich wieder gut gemacht werden kann. Das mindeste, was eine zivilisierte Gesellschaft solchen Opfern von Justitzirrtümern schuldet, ist eine angemessene monatliche Rente, die sich am mittleren Lebensstandard der Gesellschaft orientiert. Ein unschuldig als Mörder hingerichteter Mensch kann jedoch nicht wieder ins Leben zurückgeholt und in die Freiheit entlassen werden. Niemals!


Zu einem Artikel über den Jahresbericht Bericht von Amnesty International zur Todesstrafe in der Online Ausgabe der Süddeutschen Zeitung hat ein Leser einen Kommentar geschrieben (kvwupp: Amnesty-Zahlen zur Todesstrafe, 24.03.2009, 09:08 Uhr), aus dem ich abschließend den folgenden Auszug zitiere:

>> ... Alle diejenigen, die glauben, sich auf das sogenannte Alte Testament berufen zu können, haben nur dem Buchstaben nach recht, das hat Hyam Macoby in seinem Buch: "König Jesus, Die Geschichte eines jüdischen Rebellen", Tübingen,1982, S. 235f. dargelegt:

"Pharisäische Reformen: Was die Todesstrafe betraf, so schafften die Pharisäer sie nicht wirklich ab, aber sie umgaben sie mit so vielen Einschränkungen, dass sie in der Praxis kaum jemals vollstreckt wurde. Die Beweisführung des Verbrechens mußte bis zu einem unwahrscheinlichen Grad klar sein, bevor ein Todesurteil vollstreckt wurde: Es mußten zwei wirkliche Augenzeugen des Verbrechens vorhanden sein und der Nachweis der Vorsätzlichkeit war unbedingt zu erbringen. Ein Gericht, das einmal in sieben Jahren - mache sagen, in siebzig Jahren - ein Todesurteil vollstreckte, wurde ein Blutgericht genannt."

Hm, und das alles vor über 2000 Jahren. Da ist unsere Zivilisation nur unwesentlich fortgeschritten.

Ceterum censeo: Die Todesstrafe ist abzuschaffen! <<
  • Die Bibel, 2 Mose 20.13:
    "Gott sagt: Du sollst nicht töten."

  • Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, Artikel 3:
    "Jeder hat das Recht auf Leben,
    Freiheit und Sicherheit der Person."



Zum Weiterlesen:

(Quellen: Nordsee-Zeitung vom 19.03.2009, Nordsee-Zeitung vom 24.10.2008, Nordsee-Zeitung vom 20.03.2009, Spiegel online vom 21.06.2002, Spiegel online vom 19.03.2009, Spiegel online vom 19.03.2009, ZEIT Online vom 23.03.2009, Süddeutsche Online vom 24.03.2009, Wikipedia)

Samstag, 28. März 2009

Wolken-Panorama


Schlechtwetterfront zieht über Bremerhaven hinweg (Zoom: Bitte auf das Foto klicken)

Gestern vormittag hatte ich an einem unserer Standorte im Fischereihafen zu tun. Auf dem Rückweg ins Büro hatte ich mir unterwegs für's Mittag-
essen etwas "zum Mitnehmen" gekauft und habe meine Mittagspause unterwegs an der Geestemole verbracht. Dort ist mir das Panoramafoto von einer vorüberziehenden Schlechtwetterfront gelungen. Das Foto mit Blick in Richtung Norden vermittelt einen ziemlich guten Eindruck vom Wetter der letzten Tage in Bremerhaven: Sonne, Wolken, Wind, Sturm, Regen, Schnee und Graupel im ständigen Wechsel.

Ich wünsche euch allen ein (hoffentlich) sonniges Wochenende.

Freitag, 27. März 2009

Turmführung Pauluskirche


Turm der Pauluskirche

Die Aussichtsgalerie am Turm der über 100 Jahre alten Pauluskirche ist der einzige Aussichtspunkt in Bremerhaven, zu dem man im Rahmen einer Führung gelangt. Während des Aufstiegs erzählen die Turmführer Interessantes aus der Geschichte des Bremerhavener Stadtteils Lehe und der Kirche. Man bekommt die Gelegenheit, die Orgel, die Glocken und das Uhrwerk der Turmuhr aus der Nähe zu betrachten, und von der Turmgalerie eröffnet sich ein Blick auf Bremerhaven und Lehe aus einer völlig neuen Perspektive.

Beginn der Führung:
► Samstags
     11 Uhr

Treffpunkt:
► Kirchencafé
     (Haupteingang an der Hafenstraße)

Kosten:
► Wenn Ihnen die Turmführung gefallen hat,
     freut sich die Gemeinde über eine kleine Spende,
     die für Instandhaltungsarbeiten am Turm
     verwendet wird.

Neubauten im gründerzeitlichen Lehe


Neubau Goethestraße, Ecke Adolfstraße

An einigen Stellen im von gründerzeitlicher Architektur geprägten Leher Ortsteil Goethestraße wurden Baulücken mit schlichten Neubauten aufgefüllt. Diese wirken im Gesamtbild ihres Umfelds wie störende Fremdkörper. Das hat seine Ursache sicher oft darin, dass nach dem Zweiten Weltkrieg sowohl der Wohnraum als auch das Geld für den Wiederaufbau knapp waren: Es mussten schnell viele "billige" Wohnungen gebaut werden. Ästhetik wird damals eher eine untergeordnete Rolle gespielt haben.



Negatives Beispiel: Neubau Eupener Straße 36/38

Es gibt aber auch Negativ Beispiele von Neubauten die erst später in den 60er/70er Jahren des letzten Jahrhunderts entstanden sind. In dieser Zeit dürften die Zwänge der ersten Jahre nach dem Krieg keine Rolle mehr gespielt haben. Trotzdem nahmen die Architekten keine Rücksicht auf das bauliche Umfeld.



Goethestraße 33: In die Umgebung integrierter Neubau

Das Haus Goethestraße 33 ist dagegen ein hervorragendes Beispiel dafür, dass man es auch besser machen kann. So mancher Spaziergänger wird schon zweimal hinsehen müssen, bevor es ihm auffällt, dass das blaue Haus ein Neubau in einer Zeile aus alten Gründerzeithäusern ist.

Donnerstag, 26. März 2009

Kaufland ins Zwischenlager


Das Phillips Field

Am 25.03.2009 titelte die Nordsee-Zeitung auf der Bremerhavener
Lokalseite: "Kaufland-Ansiedlung vom Tisch". Die Kaufland-Ansied-
lung auf dem Phillips-Field sei gestorben ...


Aber dann kommt auch schon die Einschränkung:

... Zumindest für diese Wahlperiode.


Der Streit um die Kaufland-Ansiedlung auf dem Phillips-Field zwischen den beiden "Partnern" der Großen Koalition aus SPD und CDU war schon so weit gediehen, dass sie sich gegenseitig vorwarfen, den Bruch der Koalition zu provozieren. Während Herr Teiser (CDU, Bürgermeister und Kämmerer) und Herr Bödeker (CDU, Fraktionsvorsitzender) die Kaufland-Ansiedlung von Beginn an quasi zum Dogma erhoben hatten, fasste die Parteibasis der SPD auf ihrer Unterbezirksversammlung am 04.03.2008 den Beschluss, dass unabhängige Gutachter prüfen sollen, ob die Kaufland-Ansiedlung auf dem Phillips-Field für Lehe verträglich ist. Vor einem Verkauf des städtischen Sportplatzes solle ein stadtweites Einzelhandelsgutachten für Planungssicherheit sorgen. Das hatte zuvor auch die Industrie- und Handelskammer schon mehrfach verlangt.

Die Stadtteilkonferenz Lehe argumentiert seit Bekanntwerden des Lieblingsprojekts der CDU ebenso dagegen, wie der Bremerhavener Einzelhandel und die Gewerkschaft Ver.di in Vertretung für die im Einzelhandel Beschäftigten, die aufgrund des unkontrollierten Supermarkt- und Discounter-Wildwuchses in Bremerhaven um ihre Arbeitsplätze fürchten, und außerdem wurden 5000 Unterschriften gegen die Kaufland-Ansiedlung auf dem Phillips-Field gesammelt.

Die Nordsee-Zeitung berichtet, Herr Schulz (SPD, Oberbürgermeister) und Herr Teiser seien sich jetzt darin einig das Bebauungsplanverfahren zunächst abzuschließen und dann einen Strich zu ziehen, damit die permanente gegenseitige Blockade ein Ende habe. Anschließend solle bis zum Ende dieser Legislaturperiode an dem Thema nicht mehr gerührt werden.

Die nächsten Wahlen zur Stadtverordnetenversammlung werden im Mai oder Juni 2011 stattfinden. Bis dahin herrscht in dieser Angelegenheit zwischen CDU und SPD also erst einmal Waffenstillstand.

Den Bürgern verschafft der Kompromiss jetzt zwar vorerst eine Verschnaufpause, aber da das Bebauungsplanverfahren für das Phillips-Field nicht ausgesetzt wird, und damit in der Zwischenzeit die rechtlichen Voraussetzungen für die Ansiedlung eines Vollversorgers vorangetrieben werden, ist die Gefahr für den Einzelhandel in der Hafenstraße noch lange nicht gebannt - auch wenn das Grundstück jetzt nicht mehr vor 2011 verkauft werden wird. Die Nordsee-Zeitung schrieb nämlich, Herr Teiser sei weiterhin davon überzeugt, dass Kaufland dem Stadtteil neue Impulse geben könnte. Aus seiner Sicht ist das Projekt also lediglich vorläufig auf Eis gelegt.
  • Möglicherweise hoffen die Politiker der Großen Koalition ja auch, dass die Bürger die Sache bis zu den Wahlen 2011 vergessen haben könnten, und "wie immer", ohne lange darüber nachzudenken, brav ihre Stimmen an CDU und SPD verschenken - zwei Jahre sind schließlich eine lange Zeit.
Andererseits könnte die neue Situation aber auch die Möglichkeit bieten, dass die Große Koalition wieder auf die Bürger zugeht, um mit ihnen gemeinsam konstruktiv an der Stadtteilentwicklung für Lehe zu arbeiten. Wenn die Leher Bürger wieder das Gefühl hätten, dass die Politiker ihre Sorgen, Wünsche und Anregungen ernst nehmen, und von ihnen als Partner behandelt werden, dann ließen sich sicher viele Missverständnisse und Unannehmlichkeiten schon im Voraus vermeiden. Man soll die Hoffnung ja nie aufgeben.

Es wäre jedenfalls schön, wenn sich in Zukunft auch wieder einmal Vertreter der CDU und der SPD bei der Stadtteilkonferenz und Lehe sehen lassen würden. Gesprächsbedarf bestünde zum Beispiel weiterhin für die Zukunft des Kistner Geländes mit dem Kalksandsteinwerk, für den von der Großen Koalition geplanten Verkauf des Wilhelm-Kaisen-Platzes an die holländische Ten Brinke Gruppe, die dort eines Baumarkt ansiedeln will, und den damit verbundenen Verlust des Bremerhavener Festgeländes oder über im Stadtteil vorhandene Ideen einer begrünten Verbindung vom Stadtpark Lehe zum Saarpark und weiter bis zur Geeste.


(Quellen: Nordsee-Zeitung vom 05.03.2008 und vom 25.03.2009)

Mittwoch, 25. März 2009

Zu früh gefreut


Die Bremerhavener Strandhalle im "Schneegen"

Nach den ersten zarten Versuchen vom Ende der letzten Woche hat der Frühlung schon wieder vor dem Winter kapituliert. Es "schneegnet", es ist kalt und windig, Schneematsch liegt auf den Straßen: Einfach nur Ähhh! Ich hoffe, dass sich wenigstens die Eisbären, Pinguine und Robben im Zoo am Meer bei diesem Wetter wohl fühlen.

Montag, 23. März 2009

Qutsch


Bodo Wartke: Hunde

Immer wieder ärgere ich mich, wenn ich auf dem Weg durch die Straßen Bremerhavens - trotz aller Aufmerksamkeit - dieses eklige Geräusch "Qutsch" unter meiner Schuhsohle vernehme, und der gerade aufgesetzte Fuß dabei in der braunen Masse leicht nach vorn rutscht.

Beim Versuch, dem dadurch eingeleiteten rückwärts gerichteten Fall durch die schleunige Wiederherstellung des Gleichgewichts zuvorzukommen, wird die betreffende Hinterlassenschaft irgend eines Hundes in der Regel noch weiter auf dem Bürgersteig verteilt. Dabei quillt sie gerne auch mal an mindestens einer Seite des Schuhs über den Rand der Schuhsohle nach oben in Richtung Deckleder.

Ganz besonders ärgern mich diese abscheulichen Ereignisse, da ich selbst regelmäßig mit unserer Hündin "Cleo" in der Stadt unterwegs bin. Für die Beseitigung ihres "großen Geschäfts" habe ich immer eine handvoll umgestülpter Plasiktüten in der Tasche. Wenn man die Hand in die Tüte steckt, kann man den Haufen braunen Zeugs wie mit einem Handschuh greifen, und den Beutel am Rand fassend darüber ziehen. Empfindliche Nasen lassen sich durch einen Knoten um die Öffnung des Beutels schützen. So verpackt landet der Schiet im verschlossenen Beutel im nächsten Mülleimer, an dem wir vorüberkommen. Damit ist der Leher Ortsteil Goethestraße glücklicherweise einigermaßen gut bestückt.

Gelegentlich werde ich auch Augenzeuge der "Absetzaktion" eines Hundes. In den seltensten Fällen konnte ich dabei bisher beobachten, dass der Rudelchef Fiffis Produkte wie beschrieben entorgt. Wenn man weniger sozial eingestellte Hundehalter auf das eklige Geräusch "Qutsch" und die Folgen davon anspricht, und höflich fragt, warum das nicht sofort entsorgt wird, dann kann man sicher sein, dass man eine der wenigen Standardantworten auf seine Frage erhält: "Wir zahlen doch Hundesteuer" ist die mit Abstand häufigste Antwort, gefolgt von "Ich habe die Beutel aus Versehen zu Hause vergessen." und "Halt's Maul!" (oder so etwas in der Art).

Antwort Nummer 1 ist eine Tatsache, die ich aus eigener Erfahrung, ohne lange zu überlegen, prompt bestätigen kann. Nur trägt sie nicht im geringsten zur Lösung dieser Haufen Probleme bei, und hat mit meiner Frage eigentlich überhaupt nichts zu tun.

Wenn ich die Antwort Nummer 2 erhalten habe, dann habe ich auch schon mal angeboten, mit einem oder zwei Beuteln aus meinem Reservefundus in der Jackentasche auszuhelfen. Von "peinlich berührt" und "Dank heuchelnd" bis zur Gewaltandrohung reichen meine Erfahrungen in diesen Fällen. Das ist typisch menschlich: Wenn die Argumente ausgehen, wird die Keule geschwungen.

Auf Antworten vom Typ Nummer 3 bzw. Nummer 2c reagiere ich in der Regel mit der Anwort: "Komm Cleo, wir gehen ..." oder "Einen schönen Tag noch (Blödmann!) ...". Für Diskussionen auf diesem Niveau ist eigentlich die Polizei zuständig. Leider ist sie aber in solchen Fällen nie vor Ort.

Bodo Wartke wohnt in Berlin und hat dort ebenfalls mit diesen Problemen zu kämpfen. Es handelt sich also offensichtlich nicht nur um ein Bremerhavener Symptom ... - aufheitern wird mich diese Erkenntnis bein nächsten "Treffer" jedoch mit Sicherheit auch nicht können. Bodo Wartke hat ein Lied über diesen Themenkomplex geschrieben. Das werde ich mir beim nächsten Mal zu Gemüte führen, wenn mir wieder "so etwas" passiert. Vielleicht geht's mir danach ja wieder besser. Sein Lied hat er schlicht und ergreifend "Hunde" genannt - eigentlich hätte es jedoch besser "Hundehalter" heißen sollen. Die Hunde können ja schließlich nichts dafür.

Sonntag, 22. März 2009

Birma - ein Land mit vielen Namen

Seit 1962 wird das in Südostasien gelegene Birma von Militär-Diktaturen beherrscht. Im Jahre 1989 benannte die Militär-Regierung das Land in "Myanmar" um. Die Vereinten Nationen übernahmen den neuen Landesnamen wenige Tage nach der Verkündung durch das Militär. Viele Staaten haben sich der UNO inzwischen angeschlossen. Im Zuge der Umbenennung des Landes wurde auch die offizielle Schreibweise vieler Ortschaften neu bestimmt, indem die Ortsnamen entsprechend ihrer aktuellen Aussprache im lateinischen Alphabet dargestellt und Veränderungen aus der Kolonialzeit entfernt wurden.

Die birmanische Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi sprach sich 1996 in einem Interview für die Beibehaltung des alten Landesnamens Burma aus. Sie bemängelt unter anderem die fehlende Mitwirkung des Volkes bei der Umbenennung. Darin wird sie auch von vielen anderen Kritikern des Militär-Regimes unterstützt.

Die USA, Australien sowie weitere Staaten und nichtstaatliche Organisationen halten als Zeichen ihrer Missbilligung des Militär-Regimes am Namen Burma fest. In der deutschen Presse wird überwiegend die Variante "Birma" des früheren Landesnamens verwendet. Einige deutsche Medien, darunter Spiegel und FAZ, verwenden ebenso wie die deutschschweizerischen und österreichischen Zeitungen die alte Bezeichnung "Burma".

Die Bamar, die größte Bevölkerungsgruppe im Vielvölkerstaat Birma, verwendet in ihrer eigenen Sprache für sich selbst und für ihr Land seit langer Zeit die Bezeichnungen "Bama" und "Myanma". Der Landesname "Myanma" soll bis ins ausgehende 11. Jahrhundert zurückgehen und von König Kyanzittha geprägt worden sein. Bama - wovon sich die Bezeichnungen Burma und Birma ableiten - wird im allgemeinen umgangssprachlich verwendet.


Königreich, britische Kolonie, Demokratie, Militärdiktatur

Im 11. Jahrhundert gründete König Anawrahta das erste birmanische Reich. Im 19. Jahrhundert fiel Birma nach mehreren Kriegen unter britische Herrschaft. Der letzte König von Birma wurde mit seiner Familie durch die britische Besatzung ins Exil nach Indien geschickt. Birma wurde Teil von Britisch-Indien.

Im Zweiten Weltkrieg kämpfte der am 13. Februar 1915 in Natmauk geborene Birmane Aung San nach einer militärischen Ausbildung in Japan als Kommandeur der Burma Independence Army (BIA) an der Seite Japans gegen die britischen Besatzer seines Landes. Die britischen Kolonialherren unterlagen und Birma wurde von Japan okkupiert. Kurz vor dem Rückeroberungsfeldzug der Amerikaner wechselte Aung San die Seiten. Im Jahre 1945 wurde das Land erneut von den Briten besetzt und in ihr Kolonialreich integriert. Nach dem Krieg verhandelte Aung San mehrere entscheidende Verträge, die Birma am 4. Januar 1948 in die Unabhängigkeit von Großbritannien führten.

Am 19. Juli 1947 wurde Aung San während einer Kabinettssitzung Opfer eines Attentats. Die Unabhängigkeit Birmas von Großbritannien, für die er sein ganzes Leben lang gekämpft hatte, erlebte er nicht mehr. Die fünf Schützen sowie der Rädelsführer U Saw, Premierminister der früheren Kolonialregierung, wurden im Januar 1948 hingerichtet. Aung San wird als birmanischer Nationalheld verehrt.

Der Kampf ethnischer Minderheiten für mehr Autonomie oder Unabhängigkeit führte in einigen Landesteilen während der folgenden Jahre immer wieder zu bewaffneten Konflikten. Nach einer kurzen demokratischen Phase bis 1962 wurde Birma bis heute von verschiedenen Militär-Regimen beherrscht.


Aung San Suu Kyi

Am 19. Juni 1945 wurde Aung San Suu Kyi als drittes Kind von Aung San und seiner Frau Daw Khin Kyi geboren. Nach dem Highschool-Abschluss in Neu-Delhi ging sie nach England und studierte an der Universität Oxford Philosophie, Politik und Wirtschaft. Von 1969 bis 1971 arbeitete sie in New Yorker UN-Sekretariat.

1972 heiratete sie den Briten Michael Aris mit dem sie 1974 nach Oxford zog. Aung San Suu Kyi begann Details über das Leben ihres Vaters Aung San zusammenzutragen und schrieb ein Buch über sein Leben, das 1984 erschien. Von 1985 bis 1986 bezog sie ein Stipendium in Kyoto, Japan, wo sie Nachforschungen über den Aufenthalt ihres Vaters in Japan anstellte. Weitere Veröffentlichungen über Birma folgten.

Im Jahre 1988 reiste Aung San Suu Kyi von Oxford nach Birma, um ihre kranke Mutter zu besuchen. Sie geriet dort in den Volksaufstand gegen das kommunistische Militär-Regime, der am 8. August 1988 nach monatelangen Unruhen mit dem gewaltsamen Vorgehen der Armee gegen die Demonstranten in der früheren Hauptstadt Rangun beendet wurde. Das Militär schoss in die Menge der Demonstranten. Tausende Menschen verloren dabei ihr Leben. Der damalige starke Mann Birmas, Ne Win, trat zurück. Eine neue Generation von Militärs unter der Führung von General Saw Maung putsche sich an die Macht und beendete die kommunistische Ära in Birma. Das neue Militär-Regime gab sich den Namen "Staatsrat für die Wiederherstellung von Recht und Ordnung (SLORC)".

Aung San Suu Kyi wurde zur Wortführerin der demokratischen Opposition. Im Mai 1990 gab das Militär dem internationalen Druck nach und ließ eine Wahl durchführen. Diese war jedoch alles andere als frei. Trotz massiver Behinderungen errang die Nationale Liga für Demokratie (NLD) von Aung San Suu Kyi mit einem Erdrutschsieg 82 Prozent der Parlamentssitze. Das Militär-Regime wurde von dem Wahlsieg förmlich überrumpelt. Da die Militärs Aung San Suu Kyi zum Zeitpunkt der Wahl zum ersten Mal "vorsorglich unter Hausarrest" gestellt hatte, meinten sie wohl, sie hätten die Demokratiebewegung handlungsunfähig gemacht. Das Militär-Regime ignorierte jedoch trotz aller internationalen Proteste das Wahlergebnis. Es kam zu einer blutigen Niederschlagung von friedlichen Studentenprotesten. Die Diktatur hielt sich weiterhin an der Macht.

Für ihren Einsatz für die Menschenrechte und für ihren gewaltfreien Kampf für Demokratie in Birma erhielt Aung San Suu Kyi 1991 den Friedennobelpreis. Da sie befürchtete, ihr würde die Wiedereinreise nach Myanmar verweigert werden, fuhr sie nicht selbst zur Preisverleihung. Deshalb nahmen ihre Söhne den Preis in ihrem Namen an. In den folgenden Jahren wurden hunderte von Mitgliedern der NLD verhaftet. Trotz oder gerade wegen ihrer Popularität im Lande war man immer wieder besorgt um die Gesundheit und das Leben von Aung San Suu Kyi. Trotz aller Repressalien erlaubte das Militär-Regime Journalisten und UN-Mitgliedern mehrfach Besuche bei Aung San Suu Kyi. Ihrem inzwischen an Krebs erkrankten Mann blieb seine Bitte an das Militär-Regime, seine Frau ein letztes Mal zu sehen, jedoch bis zu seinem Tod im Jahre 1999 verwehrt.

Die am 9. Januar 1993 erstmals einberufene Nationale Versammlung, die eine neue Verfassung erarbeiten sollte, wurde nach mehreren Sitzungen am 31. Mai 1996 endgültig ausgesetzt. Die NLD war nach Protesten gegen die vom Militär vorgegebenen Verfahrensvorschriften am 29. November 1995 von der Nationalen Versammlung ausgeschlossen worden.


Menschenrechtsverletzungen und Zensur
  • Die Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi wurde willkürlich freigelassen und erneut unter Hausarrest gestellt. Ein trauriger Höhepunkt in der Serie von Festnahmen war der blutige Überfall auf ihre Wagenkolonne im Mai 2003.
  • Die Militär-Regierung verfügt willkürlich über Besitz und Einkünfte des Volkes und bereichert sich auf Kosten der Bürger des Landes.
  • Menschenrechtsorganisationen werfen dem Regime und der Armee Menschenrechtsverstöße wie Zwangsarbeit, Zwangsräumung von Dörfern, Folter und Vergewaltigungen vor. Der Vorwurf, die Konfliktparteien würden Kindersoldaten rekrutieren und in den bis heute andauernden Kämpfen zwischen der Regierung und Aufständischen, sowie gegen ethnische Minderheiten wie die Karen einsetzen, richtet sich sowohl gegen die Militär-Regierung wie auch gegen einige Rebellengruppen.
  • Um den Bau einer Gaspipeline von Myanmar nach Thailand (Yadana-Projekt) vor Überfällen zu schützen sollen die Dörfer entlang der Pipeline-Trasse weiträumig zerstört und die Bevölkerung zwangsumgesiedelt worden sein. Die belegten Fälle von Zwangsarbeit, Vertreibung und Mord führten zu Prozessen gegen die beiden für den Bau verantwortlichen Ölkonzerne Total und Unocal.
  • Ende Juni 2007 warf das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) dem Regime öffentlich schwere Menschenrechtsverletzungen wie die Misshandlung von Gefangenen und die Verfolgung der Minderheit der Karen vor. Damit wich das IKRK von der sonst üblichen Verfahrensweise ab, Kritik vertraulich auszusprechen. Da die Machthaber Myanmars jedoch nicht auf die Vorwürfe reagierten, entschloss sich das IKRK in diesem besonderen Fall dazu, die Vorwürfe publik zu machen.
  • Die Organisation „Reporter ohne Grenzen“ führt eine Rangliste zur Lage der Pressefreiheit. In der Liste von 2008 belegt Myanmar den Platz 170 von insgesamt 173.

Proteste in Birma 2007

Im September 2007 begannen die Bürger in Birma gegen die drastischen Preissteigerungen für Treibstoffe zu protestieren, die Preissteigerungen in allen Bereichen des Lebens nach sich zogen. Daraus entwickelten sich Demonstrationen die sich später gegen das Regime im Allgemeinen richteten. Buddhistische Mönche und Nonnen schlossen sich den Demonstranten an und wurden kurze Zeit später zur führenden Kraft der Proteste. Am 24. September wurden bereits über 100000 Demonstranten gezählt.

Anders als in der Vergangenheit ließ das Militär die Demonstranten zunächst gewähren. Am 25. September ging es jedoch mit Waffengewalt gegen die Demonstranten vor. Nach offiziellen Angaben kamen zehn Menschen ums Leben, darunter der japanische Journalist Kenji Nagai. Inoffizielle Beobachter sprechen von bis zu 200 Toten. Mehrere Hundert Menschen wurden verletzt. Zahlreiche Klöster in Rangun wurden von den Soldaten gestürmt. Im ganzen Land wurden hunderte Oppositionspolitiker und Regimegegner inhaftiert. Am 29. September 2007 verkündeten die Generäle den Aufstand als beendet.

Vom 28. September bis zum 8. Oktober 2007 war die birmanische Internetdomäne ".mm" nicht erreichbar - angeblich wegen des Bruchs eines Unterseekabels. Die Opposition bewertet die Unterbrechung jedoch als Vertuschungsversuch der Regierung, die der Welt Informationen über die gewalttätige Unterdrückung der Demonstrationen im Land vorenthalten wollte.

Im Februar 2008 setzte das Militär-Regime ein Referendum über die neue Verfassung im Mai 2008 an. Nach dem Terminplan sollen demokratische Wahlen 2010 stattfinden.

In der Nacht zum 3. Mai 2008 wurden Teile des Landes durch den Tropensturm Nargis verwüstet. Es starben nach Regierungsangaben vom 24. Juni 2008 84537 Menschen, 53836 gelten als vermisst. Nach UNO-Schätzungen vom 9. Mai 2008 starben 63000 bis 101000 Menschen und rund eine Million Menschen wurden obdachlos. Die Militärs verweigerten Helfern den Zugang zum Irrawaddy-Flussdelta und beschlagnahmten Hilfsgüterlieferungen aus dem Ausland.

Abgesehen davon, dass sie sich auf Kosten der Opfer der Naturkatastrophe an den Hilfsgütern bereichern konnte, verschaffte der Tropensturm der Militär-Regierung einen weiteren Vorteil. Das Regime führte das Verfassungsreferendum, trotz der durch den Sturm verursachten chaotischen Zustände im Land, wie geplant am 10. Mai 2008 durch. Obwohl das Wahlergebnis international wegen massiver Wahlfälschung und Einschüchterung der Wähler nicht anerkannt wird, teilte die Militär-Regierung mit, dass 92 Prozent der wahlberechtigten Bevölkerung der neuen Verfassung zugestimmt hätten.


Petition an die UNO

Aung San Suu Kyi steht unter Hausarrest und über 2000 Mönche und Aktivisten, die für eine Demokratisierung des Landes eintraten, werden unter menschenunwürdigen Bedingungen in Birmas Gefängnissen gefangen gehalten. Obwohl sie sich damit bewusst in Gefahr begeben, haben Anhänger der Demokratiebewegung in Birma in der letzten Woche die Freilassung von Aung San Suu Kyi sowie aller anderen politischen Gefangenen gefordert und dazu die Welt um Hilfe gebeten. Sie hoffen als Unterstützung für ihre Forderung auf 888888 Unterschriften.

AVAAZ unterstützt sie dabei und wird dem Generalsekretär der UNO, Herrn Ban Ki Moon, eine Petition übergeben, und ihn bitten, sich für die Freiheit der politischen Gefangenen in Birma einzusetzen. Laut AVAAZ spielt die Zahl 8 in der birmanischen Kultur eine wichtige Rolle. Daher werde diese symbolträchtige Zahl sicher Wirkungen zeigen!

Im Dezember 2008 unterzeichneten 112 ehemalige Präsidenten und Premierminister einen Brief an UN-Generalsekretär Ban Ki Moon, um den Druck auf das Regime in Birma zu erhöhen. Nachdem daraufhin ein UNO-Sondergesandter im Februar 2009 Birma besuchte, wurden etwa 20 politische Häftlinge freigelassen.

AVAAZ berichtet, verlässlichen Berichten zufolge schaue das Regime in Birma besorgt auf den massiven Internetaufruf von AVAAZ an die UNO. Über 160 birmanische Exil- und Solidaritätsgruppen aus 24 Staaten unterstützen diese Kampagne.

Wer möchte, kann die Petition von
AVAAZ an die UNO hier unterzeichnen.



Zum Weiterlesen:
  • BBC-News:
    Profile: Aung San Suu Kyi (englisch)

Audio- und Video-Medien:

(Quellen: Wikipedia: Aung San, Wikipedia: Birma, Tagesschau vom 22.09.2007, Tagesschau vom 23.09.2007, AVAAZ, Friedensnobelpreis)

Samstag, 21. März 2009

Gieriges Schwein



Der Deutsche Durschschnittsrentner bekommt nach der aktuellen saftigen Rentenerhöhung von 2,4 Prozent in den westlichen, bzw. 3,4 Prozent in den östlichen Bundesländern so schlappe dreißig bis vierzig Euro mehr im Monat - hat Extra 3 ausgerechnet.

Nur einer hat ein klein wenig mehr abgesahnt: 20 Millionen Euro Pension hat Herr Zumwinkel von der Post bekommen. - Haaalt! Keine Panik: Die gibt's natürlich nicht monatlich, sondern pauschal und in einem Stück. Aber immerhin. "Extra 3" hat dem Herrn Zumwinkel aus diesem Anlass ein Lied "auf den Leib" geschrieben: "Gieriges Schwein."

Es wirkt schon



Es wird Frühling: Meine erste Hummel in diesem Jahr ...

Katinka versucht in ihrem Blog "Kurz bemerkt" den Frühling aus den Startlöchern zu locken. Man könnte meinen, das wirkt schon. In Bremerhaven können wir über das Wetter seit Vorgestern eigentlich nun wirklich nicht klagen: Sonne pur.

Selbst mit den Temperaturen kann es ja eigentlich so schlimm gar nicht mehr sein. Immerhin habe ich heute morgen meine erste Hummel in diesem Jahr gesehen und sie bei ihren Startvorbereitungen beobachtet. So richtig schnell ging das allerdings noch nicht. Die wird sicher trotz des schönen Fells heftig gefroren haben.

Freitag, 20. März 2009

"Herzlich Willkommen" zum Bremerhavener Freimarkt ...

... wird es möglicherweise bald nicht mehr heißen.


Wilhelm-Kaisen-Platz von der Stresemannstraße gesehen
(links im Bild die Stadthalle)


Gestern berichtete die Nordsee-Zeitung, dass die Große Koalition den Wilhelm-Kaisen-Platz für 1,9 Millionen Euro an die holländische Ten Brinke Gruppe verkaufen will, die dort einen 10000 m² großen OBI-Baumarkt mit Gartencenter bauen will. Den Rest der Fläche würde als Kundenparkplatz für OBI hergerichtet werden. Bisher parken dort noch die Besucher der Stadthalle und des Eis-Stadions. Wenn die Verhandlungen der Bremerhavener Gesellschaft für Investitionsförderung und Stadtentwicklung mbH (BIS) mit Ten Brinke erfolgreich sein sollten, würde der Freimarkt auf dem Wilhelm-Kaisen-Platz nicht mehr stattfinden können. Zirkus, Trucker-Treffen, Open Air Konzerte, Messen oder ähnliche Veranstaltungen wären dort dann ebenfalls Geschichte.

Der Wilhelm-Kaisen-Platz ist seit Jahrzehnten der zentral gelegene Bremerhavener Festplatz. Er grenzt im Norden an die Melchior-Schwoon-Straße und im Osten an die Stresemannstraße. An der südlichen Grenze des Platzes befinden sich die Stadthalle und das Eis-Stadion, und im Westen grenzt er an die Werftstraße. Auf der gegenüberliegenden Seite der Stresemannstraße befindet sich ein "Max Bahr" Baumarkt.

Vor ungefähr drei Jahren hatte "Max Bahr" den Wunsch geäußert, auf dem Wilhelm-Kaisen-Platz einen neuen Baumarkt zu bauen, und den bisherigen Markt dafür aufzugeben. Aufgrund von Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Großen Koalition war dieser Wunsch damals an der Haltung der CDU gescheitert. Inzwischen wurde der "Max Bahr" Baumarkt von der Baumarktkette "Praktiker" übernommen. "Max Bahr" blieb unter dem neuen Eigentümer jedoch weiterhin als eigenständige Premium-Marke bestehen. Seit dem war der Neubau-Wunsch kein Thema mehr.

Ungefähr einen Kilometer südlich des Wilhelm-Kaisen-Platzes befindet sich auf der anderen Seite der Geeste ein "Bauhaus" Baumarkt mit Gartencenter. Mit OBI wären dann drei große Baumärkte auf engstem Raum konzentriert. Ich frage mich seit langem, wie jetzt bereits zwei Baumärkte so eng nebeneinander existieren können. Ich vermute, der Umzugswunsch von "Max Bahr" in einen größeren Neubau auf dem Wilhelm-Kaisen-Platz wird auch etwas mit der Steigerung der Konkurenzfähigkeit gegenüber "Baumarkt" zu tun gehabt haben.

Weitere Baumärkte gibt es bereits in den Gewerbegebieten am Stadtrand von Bremerhaven: "Praktiker" an der östlichen Stadtgrenze zu Spaden, "Hornbach" mit Gartencenter im Wulsdorfer Gewerbegebiet Bohmsiel im Süden Bremerhavens und einen ehemals von OBI gegründeten Baumarkt mit Gartencenter an der Stadtgrenze zu Langen im Norden der Stadt. Der ehemalige OBI-Baumarkt wurde nach wenigen Jahren an "Wassenaar" verkauft. Wassenaar betreibt in Bremerhaven zwei große Gartencenter in Leherheide und in Wulsdorf.

Bremerhaven ist also mit Baumärkten mehr als gut versorgt. OBI hat bereits einen Fehlstart mit einem Baumarkt im Bereich von Bremerhaven hinter sich. Und jetzt will die Große Koalition Bremerhavens zentral gelegenen Festplatz für 1,9 Millionen Euro an Ten Brinke - ausgerechnet für den Neubau eines OBI-Baumarkts - verscherbeln? Was denken die sich dabei? Was denkt OBI sich dabei? Irgendwie erweckt das bei mir den Anschein von "Aldi-Lidl-Plus-&-Co.-Strategie": Neu bauen, nach einigen Jahren schließen, an anderer Stelle neu bauen, nach einigen Jahren wieder schließen und so weiter. Was immer auch für ein Grund dahinter stecken mag.


Ach ja, der Freimarkt - ich schweife vom Thema ab - ...

Die Nordsee-Zeitung schrieb gestern weiter, über eine Lösung für den Freimarkt im Falle einer Einigung mit Ten Brinke sei im Magistrat vorgestern nicht gesprochen worden.


Die Geeste - der Sandberg am anderen Ufer zeugt von den Erdarbeiten für die Eissporthalle.

Im Zusammenhang mit der Anfrage von "Max Bahr" hatten die Bremerhavener Politiker über diese "lästige Nebenfrage" schon einmal vage nachgedacht. Herr Schulz (SPD, Oberbürgermeister) hat diesbezüglich jetzt wohl die alte Idee von damals wieder hervorgekramt. Der Freimarkt könne ja auf das Gelände der ehemaligen Schichau-Werft an der Geeste verlegt werden. Dieses müsse allerdings vorher befestigt werden, da es nach der Altlastensanierung im Anschluss an den Abriss der Werftgebäude lediglich mit Sand verfüllt worden sei.


Erdarbeiten für die Eissporthalle - im Hintergrund: Eis-Stadion und Stadthalle

Das ehemalige Werftgelände wird im Norden vom Eis-Stadion sowie von der Stadthalle und im Süden von der Geeste begrenzt. Die östliche Seite des Grundstücks grenzt an die Stresemannstraße und die westliche Seite an die Werftstraße. Gut die Hälfte des ehemaligen Werftgeländes wird im östlichen Bereich zur Zeit für den Neubau einer Eissporthalle an der Stresemannstraße vorbereitet. Die Finanzierung des Neubaus ist zwar noch völlig ungeklärt - alle Angebote liegen außerhalb der Kalkulation der Großen Koalition - aber da trotzdem schon mit der Vorbereitung des Geländes begonnen wurde, kann man sich schon einmal ein Bild davon machen, was der Herr Schulz den Bremerhavenern als Ersatz für den Wilhelm-Kaisen-Platz anbietet.

Die Große Koalition scheint Freimarkt, Zirkus und ähnliche Veranstaltungen vor der Öffentlichkeit verstecken zu wollen. Ein Festplatz auf dem verbleibenden westlichen Teil des ehemaligen Werftgeländes läge jedenfalls im Hinterhof des Baumarkts, der Stadthalle und der neuen Eissporthalle an der Stresemannstraße.


Oben links: Ausrüstungskaje der ehemaligen Werft. Der Bauzaun zeigt das Grundstück der zukünftigen Eissporthalle. Der Rest links davon bliebe für den Freimarkt.

Hinzu kommt dass der Uferbereich dieses Flussabschnitts eigentlich der stadtnahen Erholung für die Anwohner Lehes vorbehalten ist. Die ehemalige Ausrüstungskaje ist mit einer Pflasterung zu einem kleinen Platz umgewandelt worden. Der Fußweg von der Hafenstraße durch den Saarpark wurde an der Geeste in Richtung Geestesperrwerk als Wanderweg fortgesetzt. Ein Weg entlang eines asphaltierten Platzes, der möglicherweise dann auch noch überwiegend als zusätzlicher Parkplatz genutzt werden würde, wäre nicht gerade förderlich für einen stadtnahen Erholungsraum.

Eine weitere Luftnummer ist der sogenannte "Sportgarten", der ehemals im Schleusengarten beim Simon-Loschen-Leuchtturm angelegt werden sollte. Seitdem die Pläne dafür dort geplatzt sind, wird der Sportgarten von der CDU immer einmal wieder erwähnt, und ist in deren Sonntagsreden jetzt irgendwo im Bereich des Geestebogens angesiedelt. Diese fiktive Anlage wird den Lehern - insbesondere der Jugend - von den Politikern der CDU gerne auch als besserer Ersatz für den möglichen Verlust des Phillips-Fields verkauft. Die CDU will den bisherigen städtischen Sportplatz ebenfalls an die Ten Brinke Gruppe verkaufen, damit die Holländer darauf einen Kaufland-Markt bauen können. Da auch das ehemalige Kistner Gelände schon im Zusammenhang mit dem Verkauf an die Ten Brinke Gruppe genannt worden war, fragt sich der eine oder andere mit Recht, wo denn da noch Platz für das CDU-Hirngespinst "Sportgarten" sein soll.


Aber ich schweife schon wieder ab ...

Ich glaube, es geht überhaupt nicht darum, ein anderes Grundstück für einen neuen Festplatz zu finden. Da wird den Bürgern wieder einmal ein Luftschloss vorgegaukelt, dass sich hinterher in heiße Luft auflösen wird. Dafür, wie so etwas in der Regel in Bremerhaven abläuft, ist die Geschichte des Nordsee-Museums ein Paradebeispiel. Da gab es zum Beispiel am Neuen Hafen einmal die "Rogge-Halle". Ein typischer Ziegel-Bau in der Art, von der es früher viele im Hafengebiet gab. Da an der Stelle, an der die Halle stand, etwas anderes geplant war, wurde die Halle abgetragen, um sie später an anderer Stelle für die Sammlung des Nordsee-Museums als Ausstellungsbau originalgetreu wieder aufzubauen. Als es soweit war, gab es gerade leider kein Geld mehr dafür, und irgendwann waren plötzlich die Ziegel "nicht mehr auffindbar". Zuletzt sollte die Sammlung in den Gebäuden des Kalksandsteinwerks auf dem ehemaligen Kistner-Gelände untergebracht werden. Bis es wieder einmal hieß, es gäbe kein Geld mehr dafür ...

Im Fall des Bremerhavener Freimarkts gibt es bisher nicht einmal die Zusage dafür, dass der Freimarkt zukünftig auf dem von Herrn Schulz genannten Gelände stattfinden wird. Aber selbst wenn den Bürgern die Umsetzung einer solchen Lösung versprochen werden würde, hieße es hinterher mit großer Wahrscheinlichkeit: "Es ist kein Geld für die Befestigung des ehemaligen Werftgeländes verfügbar".
  • Also, liebe Mitbürger, feiert den Bremerhavener Freimarkt solange ihr noch Gelegenheit dazu habt, kauft euer Baumaterial und euer Werkzeug auch in Zukunft bei eueren derzeitigen Lieblingsbaumärkten und setzt euer Kreuzchen bei der nächsten Wahl zur Stadtverordnetenversammlung neben eine der Parteien, die nicht der derzeitgen Großen Koalition angehören. Vielleicht ändert sich dann ja doch noch etwas zum Guten.

(Quelle: Nordsee-Zeitung vom 19.03.2009)

Donnerstag, 19. März 2009

Mitten drin im Thema


Leerstehende Ladenräume ...

Ein Leser meines Artikels "Ansiedlungswahn" meinte in seinem Kommentar abschließend, er käme wahrscheinlich vom Thema ab. Das sehe ich anders: Er ist mitten drin im Thema.

Ich weise bei jeder passenden Gelegenheit darauf hin, dass ich mein Geld nur einmal ausgeben kann. Mehr Geschäfte und längere Öffnungszeiten werden an dieser Tatsache mit Sicherheit nichts ändern. Dieses trifft ebenso auf jeden anderen Menschen zu. Ich brauche kein großer Rechenkünstler sein, um zu dem Ergebnis zu kommen, dass jeder neue Supermarkt oder Discounter zu Lasten bereits existierender Geschäfte geht.

Die Entwicklung der letzten 15 bis 20 Jahre zeigt außerdem, dass ein billigeres Warenangebot mehr und mehr zu Lasten der Beschäftigten im Einzelhandel geht. Ausdünnung des Personals auf das absolute Minimum, nicht gerade üppiges Einkommen und Ersatz von immerhin tariflich bezahlten Arbeitsplätzen durch 400,- Euro Jobs, Ausweitung familienfeindlicher Arbeitszeiten und vieles mehr in dieser Art sind die Strategien im Überlebenskampf.

Die Folgen des Verdrängungswettbewerbs kann man im ehemals florierenden Geschäftszentrum Lehes - der Hafenstraße - in den Einkaufszentren in Leherheide, in Wulsdorf etc. und inzwischen auch im Geschäftszentrum Geestemündes - der Georgstraße - beobachten. Auch in der der Georgstraße sind die Anzeichen eines einsetzenden Siechtums nicht mehr zu übersehen. Gerade gestern erst war in der Nordsee-Zeitung zu lesen, dass Geestemünder Bürgern die Leerstände in der Georgstraße Kummer bereiten.

Ebenso wie die IHK und der Unternehmerverband Einzelhandel Nordwest, hatte im Herbst des letzten Jahres auch Herr Neumann (Karstadt, Geschäftsführer) dringend ein Einzelhandelsgutachten für Bremerhaven angemahnt. Die Karstadt Zentrale in Essen wolle wissen, was in Bremerhaven in den nächsten Jahren an Einzelhandelsflächen geplant sei. Trotz finanzieller Probleme des Mutterkonzerns und Schließungen von Filialen an anderen Standorten Deutschlands war für die Filiale im Bremerhavener "Columbus Center" im Rahmen der Fertigstellung der Havenwelten sogar ein Umbau und eine Modernisierung Erwägung gezogen worden. Aufgrund der permanenten Weigerung der CDU, ein Einzelhandelsentwicklungskonzept aufzustellen, seien diese Pläne jedoch erst einmal bis 2010 ausgesetzt worden.

(Quelle: Nordsee-Zeitung vom 18.03.2008)

Mittwoch, 18. März 2009

Asse-II - Drei Viertel des Atommülls stammt aus Atomkraftwerken

Atomkraft? Nein Danke!Greenpeace hatte bereits im Februar diesen Jahres darauf hingewiesen, dass mehr als 70 Prozent der radioaktiven Abfälle im einsturzgefährdeten Salzbergwerk Asse-II aus Atomkraftwerken der vier großen Energiekonzerne EnBW, RWE, Vattenfall und E.on stammen. Greenpeace hatte einen Inventarbericht ausgewertet, der noch vom GSF-Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit, dem Vorgänger des heutigen Helmholtz Zentrum München, im Jahr 2002 in Auftrag gegeben worden war.

Nach Einschätzung der Grünen war das Atommülllager Asse von Anfang an als Endlager konzipiert gewesen. Offiziell sei das ehemalige Salzbergwerk zwar immer als Forschungsanlage bezeichnet worden, zahlreiche atomrechtliche Genehmigungen böten jedoch ein anderes Bild. So ist in der Online Ausgabe des "Spiegel" vom 23.02.2009 zu lesen, den Unterlagen aus den siebziger Jahren für das Atomkraftwerk Krümmel bei Hamburg sei zu entnehmen, dass die Kapazitäten des Bergwerks als Endlager bis weit über das Jahr 2000 hinaus reichen würden. Die von der Bundestagsfraktion der Grünen vom Bundesumweltministerium angeforderten Dokumente zu den Atomkraftwerken in Biblis enthielten Verweise darauf, dass im Versuchs Atommülllager Asse-II auch hochradioaktive Materialien für Jahrhunderte gelagert werden könnten, und die Genehmigungen würden außerdem zeigen, dass Asse-II intern als Versuchsatommülllager für Gorleben galt. Damit seien die Behauptungen von CDU/CSU und SPD widerlegt, es gebe keinen sachlichen Zusammenhang bezüglich des Atommülllagerkonzepts zwischen den Salzstöcken Asse-II und Gorleben.

Mit der Ausage von Herrn Gabriel (SPD, Bundesumweltminister) im Norddeutschen Rundfunk am 11.03.2009, das radioaktive Material in Asse-II stamme zumeist aus kommerziellen Atomkraftwerken, ist jetzt auch von offizieller Seite bestätigt worden, dass das ehemalige Salzbergwerk Asse-II über Jahrzehnte hinweg - entgegen anderslautender Behauptungen in der Vergangenheit - nichts anderes war, als ein für die Atomkraftwerksbetreiber äußerst billiges Endlager. Nach Aussage von Herrn Gabriel kämen 71 Prozent der Abfälle aus dem Karlsruher Kernforschungszentrum und weitere drei Prozent direkt von den Atomkraftwerken. Das Karlsruher Forschungszentrum wiederum sei zu 100 Prozent den deutschen Atomkraftwerksbetreibern zuzuordnen. Insgesamt hätten 37 verschiedene Anlieferer schwach- und mittelradioaktive Abfälle an Asse-II übergeben.

Die Atomkraftwerksbetreiber weigern sich bisher, für die im Zusammenhang mit den Atommüllproblemen entstehenden Kosten aufzukommen. Die Atommülleinlagerung in Asse-II hatten sie jahrelang über den Umweg über das Forschungszentrum in Karlsruhe zu vertuschen versucht. Die Behauptung, in Asse-II lagere kein Atommüll aus Atomkraftwerken ist jetzt nicht mehr länger haltbar. Deshalb sollen die Atomkraftwerksbetreiber gefälligst auch für die Atommülllagerung und die Lösung der Probleme im Zusammenhang mit dem einsturzgefährdeten Bergwerk Asse-II bezahlen. Bis 1975 sei bereits die Hälfte der 126000 Atommüllfässer in der Schachtanlage Asse-II eingelagert gewesen. Da in den Jahren von 1967 bis 1975 in dem als Versuchslager deklarierten Bergwerk Asse-II keine Gebühren für das Einlagern der strahlenden Hinterlassenschaften der Atomkraftwerke erhoben worden sein sollen, wäre meiner Meinung nach außerdem eine entsprechende Gebührennachzahlung fällig.

Herr Gabriel belegte anhand seiner Zahlen die Hauptverantwortung der Atomkraftwerksbetreiber für die Schließung von Asse-II. Dem steht entgegen, dass der Bundestag im Januar eine Novelle des Atomgesetzes verabschiedet hatte, nach der anstelle der Verursacher, jetzt wir Bürger mit unseren Steuern für die mehrere Milliarden Euro teure Sanierung von Asse-II aufzukommen haben. Es wird Zeit, dass diesem Schmarotzertum der Atomkraftlobby endlich ein Riegel vorgeschoben wird. Wir Bürger zahlen schließlich schon genug für die Entsorgung unseres eigenen Mülls. Da CDU/CSU, FDP und SPD offensichtlich nicht willens, beziehungsweise nicht in der Lage zu sein scheinen, die Atomkraftlobby in die Pflicht zu nehmen, schaue ich mich für die Bundestagswahl im September 2009 schon einmal nach einer Alternative für meine Stimme um.


Zum Weiterlesen:

(Quellen: Greenpeace, Spiegel online, Norddeutscher Rundfunk)

Dienstag, 17. März 2009

Ansiedlungswahn



Einkaufszentrum im Bremerhavener Stadtteil Leherheide

Am Wochenende haben wir uns mit einigen Musikern der Singgemeinschaft "Querbeet" in Leherheide getroffen, um die Instrumentalbegleitung für ein neues Lied auszuarbeiten. Vorher hatte ich noch etwas Zeit, und bin nach längerer Zeit wieder einmal durch das Einkaufszentrum an der Hans-Böckler-Straße, Ecke Louise-Schröder-Straße gegangen. Dort bot sich mir ein trostloser Anblick. Der größte Teil der Läden steht leer.



Die Lukaskirche am Julius-Leber-Platz in Leherheide

Statt dafür zu sorgen, dass die leerstehenden Ladenräume wieder belegt werden, beabsichtigt die Große Koalition die Ansiedlung eines Aldi Discounters auf dem Julius-Leber-Platz, auf dem seit Jahrzehnten der Wochenmarkt beheimatet ist. Außerdem wird der Platz als Parkraum für die Besucher des Einkaufszentrums und der Lukaskirche genutzt. Die Evangelische Kirche plant zwar die Schließung der Lukaskirche, aber wenn der bisherige Kirchenraum nach einem Verkauf der Gebäude in Zukunft z.B. als Veranstaltungssaal genutzt werden soll, dann wird dort auch weiterhin ein nahegelegener und ausreichend dimensionierter Parkplatz benötigt werden.



Grünanlage beim Einkaufszentrum an der Hans-Böckler-Straße

Nach den Plänen der Großen Koalition soll der Wochenmarkt in die Grünanlage auf der gegenüberliegenden Seite der Hans-Böckler-Straße umziehen. Das wird meiner Ansicht nach erstens zu Lasten der Grünanlage mit dem alten Baumbestand gehen, und zweitens zu einer weiteren Schrumpfung des Leherheider Wochenmarktes führen.


Ganz in der Nähe des Einkaufszentrums, an der Wilhelm-Leuschner-Straße wurden in der jüngeren Vergangenheit bereits Discounter angesiedelt, die es heute schon nicht mehr gibt. In Bremerhaven kann man an vielen Stellen leerstehende Verkaufshallen ehemaliger Aldi, Lidl & Co Discountmärkte sehen, die nach wenigen Jahren in neue Gebäude, mehr oder weniger in der Nähe, umgezogen sind. Ich habe leider keine Ahnung, welchen Grund es dafür gibt, aber ich weiß, dass diese "Geschäftspolitik" sich schädlich auf das Bremerhavener Stadtbild und das Umfeld der leerstehenden Verkaufshallen auswirkt. Außerdem wird das auf kleinem Raum konzentrierte Überangebot an Billiganbietern auch nicht ganz unschuldig an den massiven Leerständen im Einkaufszentrum an der Hans-Böckler-Straße sein.


IHK fordert Einzelhandelskonzept

Zu der Situation im Leherheider Einkaufszentrum passt auch ein Artikel in der Nordsee-Zeitung vom 14.03.2009, der darüber berichtet, dass die Industrie- und Handelskammer (IHK) zum wiederholten Mal den "Ansiedlungswahn für Discounter und Fachmarktzentren" kritisiert. Vor weiteren An- und Umsiedlungen fordert die IHK ein Einzelhandelskonzept für die gesamte Stadt. Herr Schulze-Aissen (IHK, Vizepräsident und Sprecher des Handelsausschusses) meint, eine unkontrollierte Einzelhandelspolitik sei weder für den Wettbewerb noch für das Gewerbesteueraufkommen zu verantworten. Die Kaufmannschaft fordere die Politik und den Magistrat nachdrücklich auf, ein Einzelhandelsentwicklungskonzept zur Grundlage weiterer Ansiedlungsentscheidungen zu machen. Bereits im Jahre 2007 hatte die IHK der Großen Koalition vorgeschlagen, gemeinsam ein Gutachten als Basis für die Planung eines solchen Einzelhandelsentwicklungskonzepts in Auftrag zu geben.

Der Großen Koalition hingegen fällt nichts besseres ein, als den weiteren Wildwuchs von Discountern, Baumärkten, Super- und Fachmärkten zu fördern beziehungsweise tatenlos hinzunehmen. Leherheide wird mit einem neuen Aldi beglückt, der Hafenstraße soll mit einer Kaufland-Ansiedlung auf dem Phillips-Field, einem Fachmarktzentrum an der Geeste und einem Baumarkt auf dem Wilhelm-Kaisen-Platz endgültig der Garaus gemacht werden, Wulsdorf leidet unter den Märkten im Gewerbegebiet Bohmsiel und auch in Geestemünde sind bereits die ersten Verfallserscheinungen in Form von leerstehenden Geschäften zu entdecken.
  • Ich frage mich seit langem, wer von diesem politisch geförderten Verdrängungswettbewerb, der unter anderem auch zulasten tariflich bezahlter Arbeitsplätze und der Existenz von alteingesessenen Familienunternehmen geht, einen Vorteil hat.