Dienstag, 26. Januar 2010

NGOs an die Kandarre!

FriedenstaubeHerr Niebel (FDP, Bundesentwicklungshilfeminister) will die bisher auch in anderen Landesteilen Afghanistans aktive deutsche Entwicklungshilfe im Einsatzgebiet der deutschen Soldaten konzentrieren. Die FDP hat sich wohl ausgedacht, dass die Bundesregierung die Nichtregierungsorganisationen (NGO) dann besser unter Kontrolle hat, und die "Aufbauhelfer in Uniform" sich gegebenenfalls mit deren Federn schmücken können.

Herr Niebel verkündete dementsprechend, ohne das Militär sei die zivile Hilfe in Afghanistan zum Scheitern verurteilt, und hatte auch gleich die richtigen Argumente bereit, mit denen er die in Afghanistan bisher erfolgreich arbeitenden NGOs auf Linie zwingen will: "Wenn einige Nichtregierungsorganisationen eine besondere Bundeswehrferne pflegen wollen, müssen sie sich andere Geldgeber suchen.", sagte er gestern in einem Beitrag der ARD-Sendung "FAKT Extra".


Der Minister gefährdet die Entwicklungshelfer

Ich habe hingegen immer mehr den Eindruck, dass die Hilfe für die afghanische Zivilbevölkerung und deren Schutz gerade wegen der deutschen Militärpräsenz zum Scheitern verurteilt ist, da die deutschen Militär-Einrichtungen und -Fahrzeuge immer mehr zum Zielobjekt für aufständische Terroristen und Taliban werden. Herr Neudeck (Hilfsorganisation Grünhelme e.V., Vorsitzender) spricht bezüglich des Vorstoßes von Herrn Niebel von einem katastrophalen Fehler. Er sagte in der "FAKT Extra" Sendung, Niebel habe damit eine klare Drohung gegen Nichtregierungsorganisationen ausgesprochen, die mit Bundesmitteln in Afghanistan arbeiteten.

Über meine Besorgnis bezüglich der zusätzlichen Gefährdung der afghanischen Zivilbevölkerung durch das deutsche Militär bei einem zukünftigen Einsatz deutscher Soldaten "in der Fläche" hatte ich am Sonntag ja schon geschrieben. Falls Herr Niebel seine Drohung in die Tat umsetzen sollte, sieht Herr Neudeck die gleiche Gefahr jetzt auch für die Mitarbeiter der von deutschen Entwicklungshilfegeldern abhängigen NGOs. Diese würden dann nicht mehr als unabhängig und unparteiisch wahr genommen werden, und gerieten damit in das Fadenkreuz der Taliban. Im Gegensatz zu vielen anderen NGOs sei die Hilfsorganisation "Grünhelme e.V." jedoch glücklicherweise nicht auf staatliche Zuschüsse angewiesen.

Im Übrigen hätte Herr Niebel laut Herrn Neudeck wissen können, dass es humanitären Nichtregierungsorganisationen aufgrund der Genfer Rot-Kreuz-Konvention eindeutig und unmissverständlich nicht erlaubt sei, sich mit bewaffneten Kräften einzulassen. Diese dürften nicht einmal einen Bewaffneten in ihr Hospital lassen oder in ihren Autos mitnehmen. Darüber hätte Herr Niebel sich ohne weiteres beim Deutschen Roten Kreuz informieren können.

Aber welche Erwartungen kann man schon an die Fachkompetenz eines Entwicklungshilfeministers stellen, der das "Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ)" ursprünglich einmal abschaffen wollte. Mein Eindruck aus der gestrigen "FAKT Extra" Sendung war jedenfalls eher der, dass Herrn Niebel das alles nicht anzufechten scheint. Die NGOs kommen an die Kadarre. Basta!


Die Katze ist aus dem Sack

Eigentlich hatte es Herr zu Guttenberg (CSU, Bundesverteidigungsminister) ja schon deutlich genug verkündet, dass mehr deutsche Soldaten nach Afghanistan geschickt werden. Heute Mittag meldete die Tagesschau, die Bundesregierung werde nur 850 zusätzliche Soldaten für Afghanistan bewilligen. Damit erhöht sich das deutsche Kontingent für Afghanistan von 4500 auf 5350 Soldaten. Das mag dann zwar für einige weniger kritische Mitbürger gegenüber der Anzahl von 6000 Soldaten, die bis gestern noch im Gespräch waren, etwas hübscher aussehen (es fehlen ja noch 650 Soldaten bis 6000), aber deutlich mehr als bisher werden es trotzdem sein.

Da die Voraussetzung für einen Abzug der deutschen Soldaten aus Afghanistan - wie man es der Nordsee-Zeitung am 23.01.2010 entnehmen konnte - ja angeblich von der Stationierung weiterer deutscher Soldaten in Afghanistan abhängig ist, deren Anzahl jetzt jedoch wohl doch "etwas geringer" ausfallen wird, werden wir wohl noch "etwas länger" auf das Ende des deutschen Abenteuers in Afghanistan warten müssen.


(Quelle: ARD "FAKT Extra" vom 25.01.2010, FR-Online vom 23.01.2010, Tagesschau vom 26.01.2010, 13:00 Uhr)

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen



Eigene Meinungen, konstruktive Kritik, Anregungen etc. sind jederzeit willkommen.

Nettikette
Bitte achtet auf den »guten« Ton.
Beschimpfungen und ähnliches werden im Papierkorb veröffentlicht.


Anonyme Kommentare:
Wenn ihr "Anonym" bei "Kommentar schreiben als" auswählt, dann lasst mich und die anderen Leser bitte wissen, wer ihr seid.

Um faire Diskussionen zu gewährleisten, werde ich Kommentare ohne "Identität" in Form einer E-Mail-Adresse, einem Namen oder zumindest einem Nicknamen nicht veröffentlichen!

Zum Schutz vor Spammern müssen die Kommentare erst von mir freigeschaltet werden. Ich bitte dafür um euer Verständnis.