Sonntag, 18. April 2010

Himmlische Watschn

Nachdem er über eine sehr lange Zeit jegliche körperliche Gewalt während seiner Jahre als Stadtpfarrer von Schrobenhausen gegen Kinder des dortigen Kinderheims St. Josef geleugnet hatte (Zitat aus dem Donaukurier vom 16.04.2010: "Ein Priester muss gewaltlos sein. Ich habe mich daran immer gehalten"), gab Herr Mixa am letzten Freitag in einer schriftliche Erklärung endlich zu: "Wenn jetzt das Thema auf die Frage nach Ohrfeigen zugespitzt wird, will ich ganz ehrlich sagen, dass ich als langjähriger Lehrer und Stadtpfarrer im Umgang mit sehr vielen Jugendlichen die eine oder andere Watschen von vor 20 oder 30 Jahren natürlich nicht ausschließen kann. Das war damals vollkommen normal und alle Lehrer und Schüler dieser Generation wissen das auch." Das berichtete die Nordsee-Zeitung in ihrer Ausgabe vom letzten Samstag.

Der Herr Bischof hat also gelogen.


Aus meiner eigenen Erfahrung kann ich sagen, dass körperliche Gewalt damals überhaupt nicht "vollkommen normal" war - jedenfalls nicht an den staatlichen Schulen, die ich während meiner Schulzeit besucht habe. Ich habe nur ein einziges Mal einen Englisch-Lehrer erlebt, der - damals eigentlich bereits kurz vor der Rente - von Zeit zu Zeit sein Schlüsselbund quer durch den Klassenraum fliegen ließ, wobei er des öfteren auch sein Ziel verfehlte. Wenn er einen Treffer gelandet hatte, sagte er: "You have been warned." In den anderen Fällen forderte er die in der Nähe der Einschlagstelle seines Wurfgeschosses sitzenden Mitschüler auf, dieses aufzuheben und auf den Lehrertisch zu legen. Dieser Lehrer schlug sich aber auch immer wieder mit dem Handballen gegen die Stirn, und rief: "Ätsch, ich bin man doof!", wenn unsere Antworten auf seine Fragen nicht zu seiner Zufriedenheit ausfielen.

Auch wenn er Wert auf das "Dr." vor seinem Namen legte: Respekt hat er sich mit seinem Verhalten bei uns nicht erworben, und "normal" war das mit Sicherheit auch nicht.


Herr Mixa sollte sich also mit Verallgemeinerungen besser zurückhalten. Zumal die Nordsee-Zeitung berichtete, ein ehemaliges Heimkind habe in einer eidesstattlichen Erklärung erklärt, es sei 1976 von Herrn Mixa "mit voller Wucht ins Gesicht" geschlagen worden. Andere eidesstattliche Erklärungen ehemaliger Heimzöglinge sprächen von brutalen Prügelattacken des Herrn Mixa mit Faust und Stock. Das wäre schon deutlich mehr als die eine oder andere Ohrfeige. Dahingegen ist das fliegende Schlüsselbund des bedauernswerten, unrespektierten, promovierten Englisch-Lehrers nur noch eine verstaubte Geschichte aus der "guten alten Zeit".

Unabhängig davon, was bei den Ermittlungen zu den Vorwürfen, Herr Mixa habe als Stadtpfarrer Gelder einer Waisenhausstiftung veruntreut (der Donaukurier berichtete am letzten Freitag über eine Summe in Höhe von mutmaßlich 263138 DM), herauskommen sollte: Unglaubwürdig hat er sich schon jetzt gemacht. Das, was da jetzt so nach und nach bekannt wird, verträgt sich in keiner Weise mit den moralischen Ansprüchen eines hochrangigen Kirchenamtes. Im Gegensatz zum Verhalten meines damaligen Englisch-Lehrers fällt das Verhalten Herrn Mixa's nämlich nicht nur auf ihn selbst zurück. Er sollte deshalb dem Beispiel seiner evangelischen Amtskollegin folgen, die schon allein aufgrund eines Fehlverhaltens im privaten Bereich von ihrem Bischofsamt zurücktrat, bevor er wegen seiner dienstlichen Verfehlungen den ohnehin bereits angeschlagenen Ruf seiner katholischen Kirche noch weiter beschädigt.


(NZ, 17.04.2010, Donaukurier vom 16.04.2010)

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