Samstag, 15. Mai 2010

Ein Strohhalm für Karstädte


Bremerhaven, Nov. 2008: Vor Karstadt im Columbus-Center

Nachdem ich des Öfteren schon die ablehnende Haltung der Bremerhavener CDU gegen ein von den Bremerhavener Einzelhändlern und der IHK gefordertes Einzelhandelsgutachten für den Bremerhavener Einzelhandel und ihre Weigerung, etwas gegen den Wildwuchs der Supermärkte zu unternehmen, kritisiert habe, muss ich jetzt zur Abwechslung wohl einmal ein Lob aussprechen.

Das Einzelhandelsgutachten, das Herr Teiser (CDU, Bürgermeister und Kämmerer) seit Jahren blockiert hat, ist auch seit langem eine Forderung von Karstadt. Karstadt braucht verlässliche Aussagen der Politik, auf deren Grundlage über den Erhalt oder über die Aufgabe des Standorts Bremerhaven entschieden werden kann. Die Bremerhavener Karstadt-Filiale im Columbus-Center stand trotz der prekären Lage des Mutterkonzerns ursprünglich nicht zur Disposition. Angesichts der in den letzten Jahren explosionsartig steigenden Anzahl neuer Discounter und Supermärkte in Bremerhaven nahm jedoch die Zuversicht Karstadts in die Zukunft seines Standorts Bremerhaven ab.

Als es jetzt aber darum ging, dem Insolvenzplan des Insolvenzverwalters zum Erfolg zu verhelfen, war die CDU wohl sofort bereit, auf Einnahmen aus der Gewerbesteuer von Karstadt zu verzichten. Die Nordsee-Zeitung zitiert Herrn Teiser in ihrer Ausgabe vom 12.05.2010 mit den Worten: "Wir haben unsere Zustimmung seinerzeit sofort signalisiert." Ein entsprechender Beschluss sei vom Magistrat gefasst worden. "Es geht bei uns schließlich um mehr als 100 Arbeitsplätze in der Innenstadt." Ebenso wie Bremerhaven haben auch 79 weitere Städte einem befristeten Verzicht auf Gewerbesteuereinnahmen zugestimmt, um ihren Karstadt Filialen eine Chance zur Überwindung der Insolvenz zu ermöglichen. Zumindest in Bremerhaven geht es dabei eigentlich um noch viel mehr, als um den Erhalt der Arbeitsplätze. Eine so große leerstehende Ladenfläche direkt am Weg zwischen der Fußgängerzone und der "Glasbrücke" über den Alten Hafen zu den Havenwelten böte ein trostloses Bild in der direkten Nachbarschaft des touristischen Zentrums von Bremerhaven.

Es wäre schön, wenn Herr Teiser und die CDU zukünftig auch die Existenzsorgen um die bestehenden Arbeitsplätze im Bremerhavener Einzelhandel in den Stadtteilen ernst nähme, und ernsthafte Maßnahmen für deren Erhalt in Angriff nähme. Weitere neue Supermärkte sind diesbezüglich eher kontraproduktiv. Darüber hinaus gilt es, die beginnende Verödung der bis in die zweite Hälfte des vorigen Jahrhunderts hinein lebendigen Einkaufs und Geschäftszentren in Lehe und in Geestemünde aufzuhalten, bevor dort irreparable Schäden erstehen. Mit dem Wegfall von Einkaufsmöglichkeiten in direkter Nachbarschaft der Wohngebiete ginge dort nämlich auch ein Teil der Wohnqualität verloren, was in der Folge zu Wohnraum-Leerständen führen könnte.

Da 14 Städte bis zum 12. Mai ihre Zustimmung zum befristeten Verzicht auf Gewerbesteuereinnahmen noch verweigert hatten, war es bis dahin jedoch noch nicht sicher, ob die Zustimmung der 80 Städte ausreichen wird, um Karstadt aus der Bredouille zu helfen. Die Nordsee-Zeitung berichtete, es müsse eine 98-prozentige Zustimmung geben, damit der Insolvenzplan in Kraft treten kann. Auch diesen 14 Städten müsste doch eigentlich daran gelegen sein, großflächige Leerstände in ihren Zentren zu vermeiden. Mit ihrer Weigerung, ihren Karstadt-Filialen eine Zukunftsaussicht zu ermöglichen, in dem sie für einen überschaubaren Zeitraum auf Steuereinnahmen verzichten, riskieren sie den endgültigen Ausfall dieser Einnahmequelle und den Wegfall einer großen Zahl von Arbeitsplätzen. Gleichzeitig entreißen sie anderen Städten mit Karstadt Kaufhäusern den letzten Strohhalm, an den sich diese sich noch klammern können, um dem gleichen Schicksal zu entgehen.


(Quelle: Nordsee-Zeitung vom 12.05.2010)

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