Samstag, 29. Mai 2010

Wegwerf-Handys - Wegwerf-Menschen

Leider steht ja nicht überall "China" drauf, wo China drin ist. Den Kauf von chinesischen Produkten zu vermeiden, die unter Arbeitsbedingungen wie denen hergestellt werden, über die jetzt in der Presse im Zusammenhang mit der Anhäufung von Selbstmorden bei Foxconn in Shenzhen (China) berichtet wurde, wird also kaum sehr effektiv sein. Zumal man wahrscheinlich kaum noch irgendetwas kaufen könnte, wenn tatsächlich überall "China" draufstehen würde, wo China drin steckt.

Westliche Hersteller, die in ihren Heimatländern Arbeitsplätze abbauen, und ihre Produkte dann im "Gelobten Billiglohnland" China produzieren lassen, sollten inzwischen eigentlich wissen, auf was sie sich einlassen, wenn sie Geschäfte mit China machen. Diese "Global Players" bluten die Wirtschaften in den Staaten der sogenannten ersten Welt - in denen die Wurzeln ihres Reichtums liegen - aus und schaffen dort Bedingungen, unter denen deren Bürger aufgrund hoher Arbeitslosigkeit und stagnierender Einkommen kaum noch die Chance haben, zwischen "Qualität" und "Billig" zu wählen. Das Motto "Geiz ist Geil" diktiert dort die Kaufentscheidung. Das funktioniert offenbar bestens auf dem Rücken der Bürger Chinas, deren einziges Mittel, den menschenunwürdigen Bedingungen, unter denen sie leben und arbeiten müssen, zu entkommen, der Freitod ist.

In den fünfziger und sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts entstand ein Klischee über China, das besagt, Chinas Stärke seien seine Menschenmassen, die das riesige feudale Kaiserreich voller Enthusiasmus mit Hacke und Spaten in eine kommunistische Volksrepublik verwandeln. Inzwischen hat die brutale Diktatur der kommunistischen Machthaber die Machtstrukturen der chinesischen Kaiser abgelöst und China steht wirtschaftlich auf der Schwelle von einem "Entwicklungsland" zu einem Land der "Ersten Welt". Das war nur deshalb möglich, weil die global operierenden Konzerne der "Ersten Welt" bei den chinesischen Machthabern um die Gunst buhlen, die Arbeitskraft der Menschenmassen Chinas ausbeuten zu dürfen. Die chinesischen Machthaber gewähren ihnen gerne diese Gunst, solange sie sich an die Bedingungen halten die ihnen von den Chinesen auferlegt werden. "Einmischung in innere Angelegenheiten" und Fragen nach der Einhaltung der Menschenrechte sind verboten.


Selbstmord ist verboten

Foxconn hat seinen Arbeitern irgendwann verboten, sich selbst das Leben zu nehmen. Dafür müssen sie einen Vertrag unterschreiben. Zu dieser Maßnahme haben sich die Foxconn-Manager nicht etwa deshalb entschlossen, weil sie um das Leben und die Gesundheit ihrer Arbeiter besorgt sind sondern weil sie einen Skandal befürchteten, falls die hohe Zahl der Selbstmorde irgendwann einmal publik werden würde. Zu dumm nur, dass die Arbeiter diese Verträge nicht einhalten, und trotzdem weiterhin aus den oberen Stockwerken der Foxconn-Wohnsilos in den Tod springen. Dagegen helfen nicht einmal Netze vor den Freitreppen und Balkonen, die das Foxconn-Management dort anbringen ließ.

Nach dem der Skandal jetzt trotz des Selbstmordverbots weltweit bekannt geworden ist, wird auch wieder einmal deutlich, dass Leben und Gesundheit einzelner Menschen in der "Volks"-Republik nach wie vor nichts wert sind. Die ARD-Tagesschau zitierte am 27.05.2010, einen jungen Foxconn-Arbeiter: "Die Vorarbeiter sind sehr unfreundlich. Sie beschimpfen uns ständig und schreien uns an, wir könnten ja gehen, wenn wir nicht gehorchten. Einer sagte zu mir, dass ich nur eines tun könne: Hart zu arbeiten, denn Foxconn habe genug Geld und Arbeiter. Auf einen weniger käme es da nicht an."


Der Wert der Arbeit

Der Wert der Produkte, die unter solchen Bedingungen entstehen, wird in Europa, den USA und anderen Ländern der "Ersten Welt" ebenso gering geschätzt, wie ein Menschenleben in China. Die von Foxconn Arbeitern produzierten Mobiltelefone bekommt man von den Mobilfunkanbietern für den symbolischen Preis von "1 Euro" geschenkt, wenn man dafür nur einen Mobilfunkvertrag unterschreibt. Bestandteil dieser Mobilfunkverträge ist in der Regel, dass man nach zwei Jahren ein neues Mobiltelefon bekommt. Der Funktionsumfang dieser kleinen, zu Wegwerfhandys degradierten "elektronischen Wunder" nimmt dabei jedesmal zu. Das man damit nebenbei auch noch telefonieren kann, ist den Mobilfunk-Anbietern eigentlich kaum noch eine Erwähnung wert. Die "alten" Mobiltelefone sind nach gerade einmal zwei Jahren in der Regel jedoch nur noch Elektronikschrott.

Und dafür sterben in China Menschen!



(Quelle: ARD Tagesschau vom 27.05.2010)

2 Kommentare:

Elfe hat gesagt…

Hallo Juwi

Da muss man wirklich unglaublich verzweifelt sein um so in den Tod zu springen!

Und hier wie Du schreibst gibt es immer mehr Menschen, die auf Billigprodukte angewiesen sind, da ihre Existenzgrundlage nicht ausreichend ist. Allerdings bei den Handys gibt es viele, mit genug Geld im Portemonnaie, die sich das schenken lassen, wahrscheinlich haben sie keine Ahnung was da an Elend dahinter steckt oder sie wollen es nicht wissen.

Auch bei den PCs weiss man ja nicht, wo die eigentlich hergestellt werden. In Unwissenheit habe ich auch so ein Produkt gekauft, wie ich gerade gelesen habe.

Hoffentlich gibt es in China immer mehr ein Erwachen der Menschen, dass sie sich das nicht mehr gefallen lassen, doch das kann noch lange dauern.

Ersatz finden die Ausbeuter leider immer wieder, und wenn sie einfach in ein anderes Land abwandern müssen. Doch irgendwann ist Schluss, das hoffe ich wenigstens.
Alles Gute in Deinen Tag
Elfe

juwi hat gesagt…

@Elfe: Leider ist es bisher ja so, dass diejenigen Bürger Chinas, die sich über ungerechte Behandlungen und sonstige Missstände beschweren, immer noch in den Händen der Folterknechte des Regimes landen. Damit sich das eines Tages ändern kann, bedarf es auch weiterhin der Recherche und der Berichte der internationalen Presse, sowie der unermüdlichen Arbeit der Menschenrechtsorganisationen. Solange die Opfer des Systems keine Öffentlichkeit haben, riskieren sie mit ihrem Protest ihre Gesundheit und ihr Leben.

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