Donnerstag, 25. November 2010

Lubmin: Aus dem Westen viel neues

Atomkraft? Nein Danke!Die Erinnerungen an die Proteste im Wendland gegen den Atommüll Transport nach Gorleben sind noch frisch, da provoziert schon der nächste Transport mit 52 Brennstäben in vier Castoren den Widerstand der Atomkraftgegner.

Am 16. Dezember soll hochradioaktiver Atommüll aus dem "Nuklearforschungszentrum Karlsruhe" und aus dem Atomreaktor des ehemaligen Frachters "Otto Hahn", der in der Cadarache (Frankreich) aufgearbeitet wurde, in das zentrale "Zwischenlager Nord" in der Lubminer Heide an der Ostseeküste gebracht werden.

Der Widerstand im Wendland richtet sich im wesentlichen gegen das von der schwarz-gelben Bundesregierung vorangetriebene Endlager für hochradioaktiven Atommüll im unsicheren Salzstock bei Gorleben, während die Erkundung anderer Lagerstätten seit Jahrzehnten auf den erfolgreichen Widerstand der Landesregierungen im Süden Deutschlands stoßen, die aber gleichzeitig die vehementesten Verfechter der Atomenergienutzung sind. Es geht also nicht darum, eine Lösung für die Lagerung des gefährlichen Mülls zu verhindern. Darüber, dass wir den unerwünschten Mist am Hals haben und daher jetzt gezwungen sind, verantwortungsbewusst damit umzugehen, ist sich wohl jeder im klaren. Die von der Bundesregierung beschlossene Laufzeitverlängerung für die Atomkraftwerke verschärft das Problem jedoch noch zusätzlich. Auch dagegen richten sich die Proteste im Rahmen der Atommüll Transporte.


Gegen alle Zusagen: Atommüll aus dem Westen

Der Transport im Dezember an die Ostsee ist jedoch noch eine ganz andere Qualität. Das "Zentrale Zwischenlager" an der Ostsee wurde eigens für den aus dem Abriss der DDR-Atomkraftwerke Lubmin und Greifswald stammenden radioaktiven Schrott sowie des während des Betriebs dort angefallenen Atommülls eingerichtet. Zusätzlich sollte dort ausschließlich der Atommüll aus dem Versuchsatomkraftwerk Rheinsberg in Brandenburg "zwischen"-gelagert werden.


Noch 1999, als das "Zwischenlager" bei Lubmin an die Energiewerke Nord GmbH (EWN) übergeben und in Dienst gestellt wurde, sagte Herr Trittin (Bündnis '90 /Die Grünen, damals Umweltminister der rot-grünen Bundesregierung) vor laufenden Kameras: "Dieses Zwischenlager für hochaktive Brennelemente ist ausschließlich vorgesehen für abgebrannte Brennelemente aus Greifswald und aus dem Atomkraftwerk Rheinsberg. Es ist nicht vorgesehen als Zwischenlager für Brennelemente aus westdeutschen Atomkraftwerken oder Glaskokillen beispielsweise aus der Wiederaufarbeitung." Und es war die gleiche rot-grüne Bundesregierung, die im Jahre 2004 den Weg für die Einlagerung von radioaktiven Abfällen aus bundeseigenen Forschungseinrichtungen gegen den Widerstand der damaligen rot-roten Landesregierung Mecklenburg-Vorpommerns in genau "diesem Zwischenlager" frei machte. Zuständiger Minister war, man ahnt es schon, Herr Trittin. 2006 wurde die "Wiederaufarbeitungsanlage Karlsruhe Rückbau und Entsorgungs-GmbH" (WAK) zu einem Unternehmen der EWN Gruppe. Aber deshalb liegt Karlsruhe trotzdem immer noch im Westen der Republik. Der dort produzierte Atommüll hat deshalb in der Lubminer Heide nichts zu suchen.



Wäre ich alleiniger Gesellschafter des TÜV, dann bräuchte ich mir um die neuen HU- und ASU-Plaketten für unser Auto niemals Gedanken machen. Nicht anders verhält es sich nämlich, wenn die Bundesregierung die Lagerung des Atommülls aus westdeutscher Produktion im "Zwischenlager Nord" genehmigt. Die Einlagerungsgenehmigung für den Atommüll aus dem Nuklearforschungszentrum Karlsruhe und der "Otto Hahn" wurde am 24. Februar 2010 vom Bundesamt für Strahlenschutz im Auftrag der Bundesregierung ausgestellt, deren Bundesministerium der Finanzen gleichzeitig alleiniger Gesellschafter der EWN ist. Praktisch, oder?

Gegen diese Atompolitik der Bundesregierung richtet sich eine Demonstration, die für Samstag, dem 11. Dezember 2010, um 13 Uhr vor dem Hauptbahnhof in Greifswald angemeldet worden ist.


Außerdem gibt es auf den Internetseiten des Bundestages eine öffentliche Petition, die den Bundestag auffordert zu beschließen, dass - wie 1999 zugesagt - nur Castoren mit Atommüll aus Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg an der Ostsee gelagert werden. Der Text der Petition lautet:
Der Deutsche Bundestag möge beschließen ... 'Im atomaren Zwischenlager Lubmin sollen entsprechend dem Willen des Landtages Mecklenburg-Vorpommern ausschließlich Castoren mit radioaktiven Abfällen aus Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg zwischengelagert werden.' "

1990 wurde beschlossen, das Kernkraftwerk Lubmin abzuschalten. Zu klären war in der Folge, was mit dem radioaktiven Müll geschehen sollte. Einheitlicher politischer Wille der Verantwortungsträger des neu gegründeten Landes Mecklenburg-Vorpommern war, dass ein Zwischenlager am Standort Lubmin errichtet werden sollte, um die radioaktiven Abfälle aus Lubmin und aus dem Versuchskraftwerk Rheinsberg in Brandenburg zwischen zu lagern. Dieser Konsens hat bis heute Bestand. Auf seiner Juli-Sitzung 2010 hat der Landtag im Einvernehmen mit der Landesregierung Mecklenburg-Vorpommerns den Konsens bestätigt und einen entsprechenden Beschluss gefasst. Mehrere Kommunalparlamente der Region Vorpommern des Landes haben sich diesem Votum angeschlossen. Da das Land aber auf Grund der Rechtslage in der Bundesrepublik Deutschland keine Befugnisse auf dem Gebiet hat, sollen noch vor Jahresende Castoren mit hochradioaktiven Abfällen aus anderen Einrichtungen und Bundesländern in Lubmin eingelagert werden. Damit will sich der Bund über den erklärten Willen des Landes hinwegsetzen. Dieses Vorgehen ist für mich nicht akzeptabel. Deshalb fordere ich den Bundestag auf, den Willen des Landtages Mecklenburg-Vorpommern und der betroffenen Kommunalparlamente zu respektieren und die Zwischenlagerung atomarer Abfälle aus Einrichtungen anderer Bundesländer als Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg in Lubmin nicht zuzulassen.

Die Petition mit der Nr. 14723 kann auf den Seiten des Bundestages online unterzeichnet werden.




(Quellen: Hamburger Abendblatt vom 29.10.2010, Der Tagesspiegel vom 17.11.2010, NDR, Nord-Ost-Universum vom 26.10.2010, Pressemitteilung 194/99 des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit vom 10.11.1999 und 212/99 vom 28.11.1999, EWN, WAK), Greenpeace Magazin vom 15.10.2010, Rostocker Sonntag vom 10.11.2010)

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