Montag, 28. Februar 2011

Dafür haben wir Gutachten

Von Politikern der Großen Koalition hatte man bisher immer gehört, wie sie, ohne das weiter auszuführen, den Kritikern entgegneten, OBI sei gut für die Hafenstraße. Herr Eversberg (Grüne, Fraktionsvorsitzender) malte die Zukunft des Leher Geschäfts- und Einkaufszentrums während der Stadtteilkonferenz Lehe am 23.02.2011 allerdings in ganz anderen Farben.

Im Zusammenhang mit der Projektplanung habe auch ein Verträglichkeitsgutachten für die Hafenstraße angefertigt werden müssen. Das sei so vorgeschrieben. Darin heiße es, Einbußen unter 10 Prozent seien von den dort ansässigen Einzelhändlern zu akzeptieren(!). Im Gutachten sei dann von zu erwartenden Umsatzeinbußen in Höhe von 8 Prozent die Rede.


Mit anderen Worten:
Mit der Entscheidung der Großen Koalition, den "OBI-Baumarkt mit Gartencenter" auf dem Wilhelm-Kaisen-Platz anzusiedeln, haben SPD und CDU nicht nur das Ende der beiden Baumärkte "Max Bahr" und "Bauhaus (samt Gartencenter)" billigend in Kauf genommen, sondern gleichzeitig die Schädigung der Einzelhändler(!) in der Hafenstraße beschlossen. Anstelle einer Steigerung der Umsätze wird es zu Einbußen kommen - Einbußen, die nach Einschätzung von Herrn Uhde (Werbegemeinschaft Lehe) vielen der kleinen Geschäften das Genick brechen werden. Anstatt der Hafenstraße wieder auf die Beine zu helfen, versetzt die Große Koalition ihr also bewusst den Todesstoß. Bewusst deshalb, weil die Politiker, die das entschieden haben, das Gutachten, von dem Herr Eversberg gesprochen hat, schließlich kennen müssen.

Herr Eversberg vertrat gegenüber der Stadtteilkonferenz Lehe der Meinung, in einer gesunden Umgebung, wäre ein solcher Baumarkt zwar schmerzhaft für die Geschäfte in der Umgebung, aber bei überdurchschnittlichen Umsätzen ließen sich auch Umsatzeinbußen bis zu 10 Prozent verkraften. In der Hafenstraße, wo viele der kleinen Geschäfte - zum Teil Familienbetriebe - ohnehin fast am Boden liegen, sei das zu viel. Denen würde nichts anderes übrig bleiben als ihre Geschäfte zu schließen.

Aus dem Kreis der teilnehmenden Bürger hieß es dann auch noch, OBI werde nicht nur Bau- und Garten-Artikel, sowie Pflanzen verkaufen, sondern es sei zum Beispiel auch ein 200 Quadratmeter großer Backshop vorgesehen. Der wäre dann eine direkte Konkurenz zu den Bäckern in der Hafenstraße.

Und dann stellt sich ein Herr Breuer (SPD, Fraktionsvorsitzender) hin und meint, er sehe das noch nicht so, dass deswegen nun alles in der Hafenstraße den Laden dicht machen müsse. Das hänge auch vom Angebot ab ...

Sollte zukünftig jemand bei OBI einkaufen, dann wird er wohl kaum anschließend auf das Angebot der in der Hafenstraße ansässigen Bäcker zurückgreifen, wenn er sich auch im OBI-Backshop mit Brot, Brötchen oder Kuchen versorgen kann. Da frage ich mich dann doch ernsthaft, auf welche Weise die Bäcker wohl von dem Druck profitieren sollen, den OBI mit seinem Backshop auf sie ausüben werden wird.

Herr Dieckhöner (CDU, Schatzmeister) brachte dann noch die "freie Marktwirtschaft" ins Spiel, die vieles  steuere, worauf die Politik keinen Einfluss habe. Da könne er auch nicht sagen, ob "Max Bahr" weiter machen kann oder nicht, oder ob das gute oder negative Einflüsse haben wird ... - und jetzt kommt's! -

"... Dafür haben wir Gutachten."


Aha! Und wie wir inzwischen Dank Herrn Eversberg wissen, steht in dem Verträglichkeitsgutachten für die Hafenstraße ganz klar drin, dass OBI negative Einflüsse auf die Hafenstraße haben wird! Um zu dieser Erkenntnis zu gelangen, braucht also auch ein Herr Dieckhöner kein Hellseher zu sein. Dafür muss er lediglich das Gutachten gelesen haben, auf das er sich gegenüber der Stadtteilkonferenz berufen hat.

Und:
Auf die Entscheidung, das eigentlich der Öffentlichkeit vorbehaltene Fest- und Veranstaltungsgelände "Wilhelm-Kaisen-Platz" für ein paar Euro mehr in der Stadtkasse an den geplanten OBI-Baumarkt zu verschachern (oder auch nicht), darauf hatte jeder einzelne der an der Entscheidung der Großen Koalition beteiligten Politiker sehr wohl jeden nur denkbaren Einfluss! Das gilt unter anderem auch für die Herren Dieckhöner und Breuer.


Herr Eversberg teilte der Stadtteilkonferenz außerdem auch noch mit, der Bauplatz auf dem Wilhelm-Kaisen-Platz sei zwar verkauft, aber der Verkauf beinhalte die Klausel: "Sofern die Stadtverordnetenversammlung zustimmt". Es sei also auch weiterhin möglich, aus dem Projekt "Bebauung des Wilhelm-Kaisen-Platzes" auszusteigen. Die Stadtverordnetenversammlung wird über die Bebauung des Platzes abschließend in ihrer Sitzung am 17. März 2011 abstimmen.
  • Angesichts der im Mai 2011 bevorstehenden Wahl sollten sich die Politiker der SPD und der CDU in der Bremerhavener Stadtverordnetenversammlung sehr genau überlegen, ob sie tatsächlich grünes Licht für die Vernichtung von Arbeitsplätzen und Existenzen in der Hafenstraße sowie die für den Verlust der Arbeitsplätze der Beschäftigten von "Max Bahr" und "Bauhaus" geben werden, oder ob sie den Geschäften in Lehe die Chance geben, sich im Laufe der nächsten Jahre wirtschaftlich zu erholen. Sie werden damit nämlich unter Umständen auch über ihre eigene politische Zukunft in dieser Stadt entscheiden.

Keine weiteren Märkte in Lehe!

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