Donnerstag, 23. Juni 2011

Ai Weiwei auf Kaution frei


Ai Weiwei "frei" (ARD Tagesschau vom 22.06.2011, ARD Morgenmagazin vom 23.06.2011)

Gestern Abend meldete die ARD-Tagesschau der chinesische Künstler und Menschrechtler Ai Weiwei sei auf Kaution aus der Haft entlassen worden. Im chinesischen Internet habe es daraufhin geradezu euphorische Reaktionen gegeben. Das ist zwar erst einmal eine gute Nachricht für Ai Weiwei und seine Familie, aber noch lange keine bezüglich der Situation der Menschenrechte in China.

In einem Filmbeitrag bedankte sich Ai Weiwei bei allen, die ihn unterstützt haben, bat aber um Verständnis dafür, dass er keine weiteren Auskünfte geben dürfe: Das heißt, Chinas Machthaber haben ihm einen Maulkorb verpasst, und können ihn jederzeit wieder verschwinden lassen. Da er außerdem "ohne Erlaubnis" sein Haus nicht verlassen darf, steht Ai Weiwei faktisch unter Hausarrest. Mit "Freiheit" hat die Haftentlassung Aiweiweis also nicht wirklich etwas zu tun - eher schon etwas mit eiskalter politischer Berechnung.

Ähnlich äußerte sich in der Tagesschau auch Herr Bequelin (Human Rights Watch). Die Verhaftung Ai Weiweis im April 2011 sei von Anfang an politisch motiviert gewesen. Das gleiche gelte jetzt auch für seine Freilassung auf Kaution. Vor der Europareise des chinesischen Premierministers Wen Jiabao sei es für die die Machthaber in Pekung einfach zu schwierig gewesen, Ai Weiwei weiterhin abgeschnitten von der Außenwelt festzuhalten. Nach wie vor läge gegen Ai Weiwei keine offizielle Anklage vor. "Offiziell" sei er auch nicht verhaftet worden. Einzelheiten zu seinem angeblichen Geständnis gäbe es ebenfalls nicht.

Wie Frau Adelhardt (ARD, Korrespondentin in Peking) heute Morgen im ARD-Morgenmagazin berichtete, seien außerdem vier seiner Mitarbeiter mittlerweile seit 70 Tagen verschwunden. Von einem unter ihnen fehle sogar seit seit 80 Tagen jede Spur und seit gestern sei auch ein bekannter Menschenrechtsanwalt aus Peking spurlos verschwunden. Auf die Frage, wie sie die Meldung der staatlichen Nachrichtenagentur Chinas beurteile, Aiweiwei habe gestanden, Steuern hinterzogen zu haben, sagte Frau Adelhardt, wenn man die Umstände seines Verschwindens in Betracht zöge, und die Tatsache, dass er drei Monate weg gewesen sei, keinen Kontakt zu seiner Familie gehabt habe und keinen Anwalt sehen durfte, dann könne sie sich sehr gut vorstellen, dass man wohl eine ganze Menge gestehen würde. Ein solches Geständnis hätte in einem Rechtsstaat keinerlei Bestand. China sei jedoch kein Rechtsstaat, sondern eine Ein-Parteien-Diktatur.

Gespannt bin ich jetzt auf die Reaktionen der europäischen Politiker, mit denen der chinesische Premierminister an diesem Wochenende zusammentraffen wird. Aber wahrscheinlich werden diese sich Herrn Wen Jiabao gegenüber nur dahingehend äußern, dass die "Freilassung" Ai WeiWeis ein Schritt in die richtige Richtung sei. Schließlich will man ja die guten wirtschaftlichen Beziehungen nicht gefährden - aber das wird natürlich kein Politiker Herrn Wen Jiabao erwähnen.

  • Amnesty International, Petition

    Die internationale Menschenrechtsorganisation "Amnesty International" hat eine Petition initiiert, mit der die die chinesischen Machthaber aufgefordert werden, jetzt auch die vier verschwundenen Mitarbeiter Ai Weiweis (Wen Tao, Hu Mingfen, Liu Zhenggang und Zhang Jingsong) freizulassen. Diese Petition kann jeder, der das möchte, auf der Internetseite von Amnesty International online unterzeichnen.


Zum Weiterlesen


60 Jahre Menschenrechte

(Quellen: Tagesschau von 22.06.2011, Spiegel vom 22.06.2011, Süddeutsche Zeitung vom 22.06.2011, Amnesty International )

1 Kommentar:

Wasserfrau hat gesagt…

Hallo Juwi

Vielen Dank für den Beittrag, ich habe ihn im Seitenlayout meines Bloges verlinkt, und ich werde den Brief von Amnesty noch unterzeichnen.

Schön wäre es, wenn sie auch die 300 aus Kirti/Tibet verschleppten buddhistischen Mönche frei lassen würden. Sie sind mit unbekanntem Aufenthalt abgeholt worden zur angeblichen Rechtserziehung, weil sie friedlich gegen das unmenschliche Vorgehen der Behörden demonstriert haben.

Ich freue mich sehr, dass Ai Wei Wei aus der Haft entlassen wurde. Bei Epochtimes hatte ich einen Artikel gelesen von einem angeblichen Insider mit schlechtem Gewissen, Ai Wei Wei sei gefoltert worden. Leider kann ich den Beitrag nicht mehr finden, sonst hätte ich den Link eingestellt.
Liebe Grüsse und schönes Wochenende
Elfe

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