Dienstag, 13. September 2011

Rente mit 69 Jahren?

Gestern Mittag war auf der Internetseite des Magazins "Focus" zu lesen, die Bundesregierung denke über die Anhebung des Renteneintrittsalters auf 69 Jahre nach, um die Staatsfinanzen zu sichern. Am Wochenende sei bekannt geworden, dass das Bundesfinanzministerium entsprechende interne Berechnungen durchführen lässt.

Der "Focus" berichtet auf seiner Internetseite, er berufe sich dabei auf ein Papier aus dem Finanzressort. Aus dem bisher unveröffentlichten "Tragfähigkeitsbericht" gehe hervor, dass sich die Risiken für die dauerhafte Solidität der Staatsfinanzen zuletzt spürbar erhöht haben. Als Grund für die Verschlechterung werde die Wirtschafts- und Finanzkrise angeführt. 

Nach Aussage eines Ministeriumssprechers handele es sich dabei jedoch nur um "rein theoretisch denkbare Möglichkeiten", nicht aber um konkrete Vorschläge. Nach Informationen des "Focus" gebe es aber in einem unveröffentlichten "Tragfähigkeitsbericht" des Bundesfinanzministerium einen Passus, demzufolge die Bundesregierung eine weitere Erhöhung des Renteneintrittsalters erwägt.

Gestern Nachmittag kam dann das Dementi des Regierungssprechers. Herr Seibert (Regierungssprecher) verkündete, die Anhebung des das Renteneintrittsalters auf 69 werde von der Regierung weder gefordert, verfolgt, noch in Betracht gezogen.

Ist da wieder einmal etwas durchgesickert, was eigentlich niemand wissen sollte? Warum stellt das Bundesfinanzministerium solche Berechnungen an, wenn die Anhebung des Renteneintrittsalters angeblich kein Thema ist?


Rentenkürzung zugunsten von
Banken, Spekulanten und Pleitestaaten?


Wenn mit der Anhebung des Renteneintrittsalters auf 69 Jahre tatsächlich die Staatsfinanzen gesichert werden sollen, dann hieße das nach meinem Verständnis nichts anderes, als dass die zukünftigen Rentner die Zeche der Banken, der Spekulanten und der Pleitestaaten zahlen sollen, indem ihnen weitere zwei Jahre ihrer Rente vorenthalten werden würden. Viele Menschen haben heute schon kaum etwas von ihrer Rente, weil sie früh sterben. Für andere würde sich die Zeit ihrer Arbeitslosigkeit verlängern, was eine weitere Kürzung ihrer Rente zur Folge hätte. Ob das Finanzministerium wohl auch die zusätzlichen Hartz-IV und ALG-II Kosten in seiner Rechnung berücksichtigt hat? Oder werden die "Leistungen" für die davon Abhängigen bei der Gelegenheit gleich entsprechend nach unten korrigiert?

Nach Berechnungen des Statistischen Bundesamts lag die durchschnittliche Lebenserwartung im Berichtszeitraum 2007/09 bei ca. 76 bis 77 Jahren für Männer und für Frauen bei 82,5 Jahren (Statistisches Bundesamt: "Methodische Erläuterungen zur Berechnung von Periodensterbetafeln für Deutschland 2007/2009, Seite 21"). Wie wir alle wissen, heißt das aber nicht, dass wir alle auch genau so alt werden. Der Begriff "Durchschnittliche Lebenserwartung" bedeutet ja, dass zum Beispiel einige Männer im Alter von 70 Jahren sterben, während andere vielleicht 83 Jahre alt werden. Und auch wenn die Frauen eine höhere Lebenserwartung haben, so gibt es unter ihnen ebenfalls Todesfälle im Alter zwischen 60 und 70 Jahren.

Wenn jemand im Alter von 75 Jahren stirbt, dann würde er bei einer "Rente mit 69" für seine Lebensleistung mit gerade einmal sechs Jahren Ruhestand belohnt werden. Bei der aktuellen stufenweisen Anhebung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre bleiben ihm immerhin noch acht bis zehn Jahre. Wenn auch die Lebenserwartung bisher immer leicht angestiegen ist, so wird sich dieser Trend über kurz oder lang verlangsamen und irgendwann an seine natürliche Grenze stoßen.

Wer also in Erwägung zieht, das Renteneintrittsalter alle paar Jahre weiter anzuheben, um auf diese Weise die Staatsfinanzen zu sanieren, der sollte vielleicht ehrlicherweise zugeben, dass er den Generationenvertrag bezüglich der solidarischen Altersvorsorge irgendwann ganz aufkündigen will.
  • Und:
    Wer keine Überlegungen in diese Richtung anstellt, der hätte wohl kaum einen Grund, entsprechende Berechnungen durchführen zu lassen.


(Quellen: Focus vom 12.09.2011, 12:50 Uhr und 15:20 Uhr, Der Westen vom 12. 09.2011, Die Welt vom 11.09.2011, Statistisches Bundesamt)

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