Dienstag, 4. Dezember 2012

Minimalziel Kyoto-Protokoll

Wenn am Ende der Klimakonferenz in Doha (Katar) einfach nur eine "Laufzeitverlängerung" für das zum Jahresende auslaufende Kyoto-Protokoll stünde, dann wäre das eigentlich schon mehr, als man zur Halbzeit der Verhandlungen erwarten kann. Unter anderem in den "Finanznachrichten" vom 02.12.2012 kann man nachlesen, dass es aber neben Staaten wie Russland, Kanada, Neuseeland oder den USA ausgerechnet auch Japan ist, das sich vom Kyoto-Protokoll verabschieden will.

Mit dem im Dezember 1997 in der japanischen Stadt Kyōto beschlossenen Zusatzprotokoll zur Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen (UNFCCC) wurden erstmals völkerrechtlich verbindliche Zielwerte für die Emissionen von Treibhausgasen in den Industrieländern festgelegt. In Kraft getreten ist das Kyoto-Protokoll aber erst gut sieben Jahre später: Am 16. Februar 2005.

Während 193 Staaten und die EU das Kyoto-Protokoll bis zur Klimakonferenz im Dezember 2011 ratifiziert hatten, gab Kanada im gleichen Monat seinen Ausstieg aus dem Abkommen bekannt. Dank Herrn Bush (USA, Republikaner, ehemaliger Präsident) und der Blockadehaltung der Republikaner im Repräsentantenhaus der USA gegenüber der Umweltpolitik von Herrn Obama (USA, Präsident) und den Demokraten sind die Vereinigten Staaten von Amerika dem Kyoto-Protokoll niemals beigetreten.

Ein "Werkzeug" des Kyoto-Protokolls ist der Handel mit Emissionszertifikaten. Umweltverschmutzer können sich damit von der Verpflichtung zum Zurückfahren ihrer CO2-Emissionen freikaufen. Mit dem Gewinn aus dem Zertifikatshandel wurden unter anderem Entwicklungs- und Schwellenländern bei ihren Bemühungen unterstützt, ihre CO2-Bilanzen zu verbessern.

Beim Bestand der Emissionszertifikate ist es allerdings im Laufe der Jahre zu einer Art "inflationaler Entwicklung" gekommen, die dazu geführt hat, dass sich heute unter dem Deckmantel überzähliger Zertifikate aus der ersten und zweiten Verpflichtungsperiode des Kyoto-Protokolls eine große Menge - quasi im wahrsten Sinne des Wortes - "heiße Luft in Wartestellung" verbirgt: Die Zertifikate berechtigen ihre Inhaber zur Emission von rund 13 Milliarden Tonnen CO2, die weiterhin ihren Teil zum Anstieg der mittleren globalen Temperatur beitragen werden, wenn sie zum Einsatz kommen.

Unter den EU-Staaten hat vor allem Polen ein großes Interesse daran, dass sich daran auch nichts ändert. Im eingangs genannten Artikel der "Finanznachrichten" heißt es, diese Menge entspräche den gesamten EU-Emissionen von drei Jahren. Kämen diese bisher ungenutzten Zertifikate noch zum Einsatz, dann würde das Kyoto-Protokoll so gut wie wirkungslos werden und auch ein höheres Ziel zur Minderung der CO2-Emissionen in der EU sei dann nicht zu erreichen. Sollten sich die Delegierten auf der Weltklimakonferenz 2012 also tatsächlich auf das Minimalziel "Verlängerung der Laufzeit des Kyoto-Protokolls" einigen, ohne dass die genannten Emissionszertifikate vom Markt genommen werden, dann wäre das das Ergebnis des Klimagipfels 2012 wohl nichts als Makulatur.


Vom Vorreiter zum Bremsklotz

Wenn es den Staaten der Europäischen Union mit der Einhaltung ihrer für das Jahr 2020 gesteckten Klimaschutzziele aber Ernst sein sollte, dann reicht es mittlerweile nicht mehr aus, wenn sie anbieten, ihre CO2-Emissionen bis dahin um 20 Prozent zu reduzieren: Dieses Ziel wurde nämlich erfreulicherweise bereits im letzten Jahr nahezu erreicht. Da inzwischen auf internationaler Ebene viel zu viel Zeit ungenutzt vergeudet wurde, ist nach heutigem Kentnisstand eine Anpassung der Reduktion der CO2-Emissionen um insgesamt mindestens 30 Prozent notwendig.

Dank Herrn Rösler (FDP, Bundeswirtschaftminister) erweist sich neben Polen derzeit ausgerechnet Deutschland als Bremsklotz und Frau Merkel (CDU, Bundeskanzlerin) verweist lieber auf die Blockadehaltung Polens, als Herrn Altmaier (CDU, Bundesumweltminister) den Rücken zu stärken, ihren Umweltminister zurückzupfeifen und die notwendigen Anpassungen der europäischen Klimaschutzziele mit Nachdruck einzufordern. Damit schwächt sie nicht nur die deutsche Verhandlungsposition in Doha, sondern darüberhinaus auch den Einfluss der EU auf das Ergebnis der Klimakonferenz.

Deutschland war einmal Vorreiter in der internationalen Klimapolitik. Auch die schwarz-gelbe Bundesregierung hatte einmal vereinbart, die CO2-Emissionen bis Ende 2020 um vierzig Prozent - bezogen auf 1990 - zurückzufahren. Anstatt aber die Bürger bei ihren Bemühungen zum Umbau der Energieversorgung in Deutschland zu unterstützen. legt die wespenfarbene Bunderegierung ihnen immer neue Steine in den Weg. Bisher haben die privaten Anstrengungen vieler einzelner Bürger den größten Anteil an der Erschließung regenerativer Energiequellen und am Aufbau eines dezentralen Energieversorgungsnetzwerks in Deutschland. Die vier großen Energiekonzerne treten hingegen weiterhin als Atomkonzerne in Erscheinung und setzen daneben immernoch auf die massenweise Verbrennung fossiler Rohstoffe in ihren längst abgeschriebenen Großkraftwerken. Die Windkraft-Sparte dient ihnen bisher lediglich als grünes Deckmäntelchen für den Betrieb ihrer gefährlichen Atom- und Gas- und Kohlekraftwerke.

Immerhin gibt es aber noch vereinzelte "einsame Rufer in der Wüste", denen der Ernst der Lage bewusst zu sein scheint. Der Spiegel zitiert Herrn Altmaier in einem Artikel vom 03.12.2012 mit den Worten: "Weltweit funktioniert Umweltschutz nur noch über den Ausbau an erneuerbaren Energien." Aufgrund der unheiligen Allianz aus Politik und Energiekonzernen und deren im Hintergrund betriebenen Machenschaften gerät die dringend notwendige Energiewende in Deutschland jedoch immer mehr ins Stocken. So verwundert es auch nicht, wenn heute in den Medien zu lesen ist, dass Deutschland vom sechsten auf den achten Rang des Klimaschutz-Index' der Umweltschutzorganisation "Germanwatch" zurückgefallen ist.

Dieser verhängnisvolle Trend bedarf dringend einer Korrektur. Wie sich während der letzten drei Jahre gezeigt hat, ist diesbezüglich von der Wespen-Koalition in Berlin nichts zu erwarten. Das wurde auch gestern Abend noch einmal deutlich, als Frau Merkel in einem Interview mit den ARD-Tagesthemen noch einmal bekräftigte, dass zwischen der CDU/CSU und der FDP die größten Übereinstimmungen gegenüber möglichen anderen Koalitionspartnern bestehen. Frau Miosga hatte sie zuvor gefragt, ob sie sich angesichts der Positionen der FDP zum Klimaschutz auch eine Koalition mit den Grünen vorstellen könne.

Deshalb hoffe ich, dass die schwarz-gelb gestreifte Bundesregierung nach der Bundestagswahl im Herbst nächsten Jahres Geschichte sein wird, und dass die darauf folgende Bundesregierung endlich Ernst machen wird, mit dem zügigen Umbau der Energieversorgung in Deutschland. Es darf keine weitere Zeit sinnlos vergeudet werden. Dafür steht zu viel auf dem Spiel - nicht nur für Deutschland!


(Quellen: Der Spiegel vom 03.12.2012, Finanznachrichten vom 02.12.2012, Greenpeace-Blog vom 30.11.2012, Greenpeace Positionspapier zu COP18, Wikipedia)

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