Donnerstag, 21. November 2013

Atompolitik: Wir nehmen die SPD beim Wort

Atomkraft? Nein Danke!Hermes-Bürgschaften für den Export deutscher Atomtechnologie, eine vorübergehende Brennelemente-Steuer, insolvenzgefährdete Rückstellungen für den späteren Abriss der Atomkraftwerke und die "End"-Lagerung des Atommülls, die zudem für die laufenden Geschäfte zweckentfremdet werden ... - Die SPD hat diesbezüglich im Wahlkampf mit einem atompolitischen Kurswechsel geworben. Wir nehmen sie beim Wort.

Ungeachtet des sogenannten "Atomaustiegs" in Deutschland, unterstützte die wespenfarbene Bundesregierung während ihrer Regierungszeit die Atomkonzerne mit Hermes-Bürgschaften für den Neubau von Atomkraftwerken im Ausland. Ende 2012 lagen Anträge auf Hermes-Bürgschaften für den Neubau von sieben Atomkraftwerken in sechs Ländern vor. Ob diese Atomkraft-Neubauten in Erdbebengebieten oder an erdrutschgefährdeten Standorten entstehen sollen (z.B. Brasilien, Atomreaktor "Angra III"), oder wie es um die Sicherheitsstandards in den entsprechenden Ländern bestellt ist (z.B. Tschechien, Atomkraftanlage "Temelín"), spielt dabei offenbar keine Rolle.

Diese Bürgschaften schützen deutsche Unternehmen vor Verlusten durch ausbleibende Zahlungen ihrer ausländischen Geschäftspartner. Wenn der ausländische Abnehmer nicht zahlt, springt der deutsche Steuerzahler ein. Nicht nur in meinen Augen ist das eine versteckte potentielle Subvention der Atomkonzerne die den nach dem mehrfachen Super-GAU in der japanischen Atomkraftanlage "Fukushima-I" (Dai-ichi) beschlossenen Atomausstieg ad absurdum stellt.


Nicht funktionierende Überdruckventile

Nachdem die wespenfarbene Bundesregierung die "Laufzeitverlängerung" beschlossen hatte, führte sie - wohl als "Überdruckventil" gegen die fortdauernden Demonstrationen gegen ihre Atompolitik - im Januar 2011 die Brennelemente-Steuer ein. In diesem Zusammenhang gestand die damalige Bundesregierung erstmals ein, dass der Betrieb der Atomkraftwerke bisher ungerechtfertigter Weise aus Steuermitteln subventioniert wurde.

Die Einführung der Brennelemente-Steuer diene dem Subventionsabbau, mit dem "die direkte Bevorzugung der Kernenergiewirtschaft beendet" und die "Chancengerechtigkeit auf dem Strommarkt" verbessert werden solle ... - aber nur bis 2016: Anschließend darf wieder kräftig subventioniert werden.

Die Befristung war eigentlich wohl als ein weiteres "Überdruckventil" gedacht gewesen, mit dem die Atomkonzerne ruhig gestellt werden sollten. Diese wollten jedoch auf den entgangenen Profit nicht verzichten und versuchten die Brennelemente-Steuer - bisher allerdings erfolglos - per Klage vor Gericht zu kippen.

In den beiden vergangenen Jahren "entgingen" den Atomkonzernen mit ihren 9 Atom-Meilern mehr als eine Milliarde Euro pro Jahr. Bis zum mehrfachen Super-GAU in der japanischen Atomkraftanlage "Fukushima-I" (Dai-ichi) waren in Deutschland noch 17 Atomkraftwerke in Betrieb gewesen. Ganz grob "über den Daumen" hochgerechnet entspricht das seit Ende der sechziger Jahre des letzten Jahrhunderts ungerechtfertigten Subventionen in Höhe von deutlich mehr als 80 Milliarden Euro!

Das von der wespenfarbenen Bundesregierung vorgesehene Ende der Befristung der Brennelemente-Steuer im Jahre 2016 bedeutet für die Atomkonzerne darüberhinaus weitere ungerechtfertigte Mehreinnahmen in Höhe von etwa 6 Milliarden Euro bis zur voraussichtlichen Außerbetriebnahme der letzten Atomkraftwerke im Jahre 2022.


Wer haftet im Falle eines Super-GAUs?

Eine weitere versteckte Subvention, deren Beendigung seitens der Atomkraftgegner seit Jahren immer wieder gefordert wird ist - sehr vorsichtig ausgedrückt(!) - die ungenügende Haftpflicht-Versicherung der Atomkraftwerke für den Fall eines Super-GAUs, die hierzulande derzeit bei lediglich 2,5 Milliarden Euro liegt. Einer am 01.04.2011 veröffentlichten Studie der "Versicherungsforen Leipzig" zufolge beträgt die Summe, die für einen Super-GAU bereitgestellt werden muss, jedoch 6,09 Billionen Euro. Im Falle eines Super-GAUs mitten in Deutschland würden nicht die Verursacher für den von ihnen angerichteten Schaden aufkommen müssen, sondern die Überlebenden der Atomkatastrophe: Wir, die Bürger!

In der Zusammenfassung zur Studie heißt es, keine Institution sei in der Lage, für die Folgen eines Schadens, der zu jedem Zeitpunkt innerhalb der angenommenen Realisationszeiträume auftreten kann, ohne eine entsprechend bereitgestellte Deckungssumme aufzukommen. Dieses würde die unmittelbare Insolvenz zur Folge haben. Da unsicher sei, ob und wann ein solcher Katastrophenfall eintritt, hänge die Prämienhöhe davon ab, innerhalb welchen Zeitraums die Deckungssumme aufzubauen ist.

Die Studie betrachtet dazu verschiedene Szenarien, bei denen einerseits die Deckungssumme in einem Zeitraum von 100 bis 10 Jahren aufzubauen wäre und andererseits berücksichtigt wird, dass eine tatsächliche Versicherung von Haftpflichtrisiken vermutlich eher mittels eines Versicherungs-Pools erfolgen würde, der mehrere oder alle der damals 17 deutschen Atomkraftwerke in einem Kollektiv versichert.

Würden diese unterschiedlichen Szenarien betrachtet, ergäbe sich während des gesamten Zeitraums des Aufbaus der Deckungssumme eine Haftpflichtversicherungsprämie, die Aufschläge zwischen rund 0,14 Euro und 67,30 Euro pro Kilowattstunde zur Folge hätte (Studie, Zusammenfassung, Seite 7, Abs. 1). Da die Versicherungssumme für einen jederzeit möglichen Super-GAU gegebenenfalls noch während der Betriebszeit der Atomkraftwerke zur Verfügung stehen müsste, wäre meines Erachtens ein Aufschlag von 67 Euro auf die Kilowattstunde realistischer als 0,14 Euro.


Insolvenzgefährdete Rückstellungen

Seit Jahrzehnten stellen die Atomkonzerne Geld für den späteren Abriss der Atomkraftwerke und "End"-Lagerung des Atommülls zurück. Diese Rückstellungen, die sich inzwischen auf mehr als 30 Milliarden Euro belaufen, sind steuerfrei. Indem die jeweiligen Bundesregierungen somit auf die Steuereinnahmen verzichteten, subventionierten sie die Atomkonzerne, die das Geld wie ganz normale Einnahmen für ihre aktuellen Geschäfte nutzen, mit mehr als acht Milliarden Euro.

Im Falle einer Insolvenz wäre das eigentlich zweckgebundene Geld verloren. Der Abriss und die Atommülllagerung müssten dann ebenfalls aus Steuermitteln beglichen werden. Alles in allen handelt es sich auch hierbei um mehrfach verschachtelte versteckte Subventionen mit denen der Betrieb der Atomkraftwerke in Deutschland aufrecht erhalten wurde und auch weiterhin wird.



Weichenstellung in der Atompolitik

In Berlin verhandeln derzeit die CDU, die CSU und die SPD über die Bedingungen für das Zustandekommen einer Großen Koalition. Gerade auch bezüglich der zukünftigen, gemeinsamen Atompolitik liegen die Interessen der beiden Lager weit auseinander.

  • Hermes-Bürgschaften

    Aufgrund eines Mehrheitsbeschlusses der SPD und der Grünen war die Vergabe von Hermes-Bürgschaften für Atomtechnologie ab 2001 ausgeschlossen. 2009 machte die wespenfarbene Bundesregierung diesen Beschluss rückgängig.

    • Die SPD will die Vergabe von Hermes-Bürgschaften für die Technologie zum Neubau und die Umrüstung von Atomanlagen wieder verbieten.
    • Die CDU und die CSU wollen auch weiterhin Atom-Exporte mit Hermes-Bürgschaften unterstützen.
     
  • Brennelemente-Steuer

    Die CDU und die CSU hoffen wohl immernoch, dass die in zwei Jahren vorgesehene Aufhebung der Brennelemente-Steuer, mit deren Einführung sie nach ihren eigenen Ausagen "die direkte Bevorzugung der Kernenergiewirtschaft beendet" hatten, inzwischen wieder in Vergessenheit geraten ist. Diese Hoffnung wird jedoch nicht in Erfüllung gehen:

    • Einer der wenigen Vorschläge aus dem "Bürger-Dialog" der SPD, den sie in ihr Wahlprogramm aufgenommen hat, ist die Entfristung und die Erhöhung der Brennelemente-Steuer um 30 Prozent.
    • Die CDU und die CSU lehnen beide Forderungen ab.
     
  • Öffentlicher Fonds für Rückstellungen

    In den Koalitionsverhandlungen wurde auch darüber gesprochen, wie sich die Rückstellungen für den späteren Abriss der Atomkraftwerke und die "End"-Lagerung des Atommülls gegen mögliche Insolvenzen der Atomkonzerne abzusichern lassen:

    • Um "die nukleare Entsorgung auch finanziell zu sichern", regten die CDU, die CSU und die SPD in der vergangenen Woche einen öffentlich-rechtlichen Fonds an.
    • Vermutlich nach Intervention der Atomkonzerne stellten die Vertreter der CDU und der CSU den entsprechenden Abschnitt im Entwurf des Koalitionsvertrages allerdings wieder in Frage.

Die strittigen Punkte sollen nun in der "Kleinen Runde" der Koalitionäre geklärt werden, in der die SPD mit Herrn Gabriel, Frau Nahles, Herrn Steinmeier, Frau Kraft, Herrn Scholz, Herrn Oppermann und Frau Hendricksin vertreten sein wird.


Wir mischen uns ein!

Diesen sieben SPD-Spitzenpolitikern und Politikerinnen muss klar gemacht werden, dass sie den Interessen der Bürger verpflichtet sind, nicht aber denen der Atomkonzerne. Sie dürfen deshalb bei den drei vorgenannten atompolitischen Maßnahmen nicht einknicken. Die Anti-Atom-Organisation ".ausgestrahlt" ruft deshalb dazu auf, alle möglichen Wege zu nutzen, um ihnen den Willen der Bürger zu vermitteln. Details und Kontakt-Daten dazu finden sich auf der Internetseite von ".ausgestrahlt" ...

Für den zügigen Umbau der Energieversorgung in Deutschland auf Grundlage regenerativer Energiequellen und gegen den Weg in die Klimakatastrophe und den Atomtod:




Zum Weiterlesen
  • Versicherungsforen Leipzig:
    Studie "Berechnung einer risikoadaquaten Versicherungspramie zur Deckung der Haftpflichtrisiken, die aus dem Betrieb von Kernkraftwerken resultieren"
    vom 01.04.2011 und Zusammenfassung.


(Quellen: Berliner "Tagesspiegel" vom 28.04.2013, Süddeutsche Zeitung vom 18.03.2011, .ausgestrahlt, Versicherungsforen Leipzig, Wikipedia, Atomhaftpflicht de, Umweltinstitut München)

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