Freitag, 29. November 2013

Eine energie- und klimapolitische Katastrophe

Während der Verhandlungsrunden zum Koalitionsvertrag haben die Verhandlungsführer der SPD ihren Kollegen von der CDU und der CSU die wesentlichen Anforderungen einer zukunftsorientierten Atom- und Energiepolitik nicht vermitteln können. Angesichts dessen, was diesbezüglich jetzt vereinbart wurde, müssten eigentlich bei den Menschen hierzulande sämtliche Alarmglocken schrillen.

Erfreulich ist es aber, dass selbst in der schwarzen Fraktion einer möglichen Großen Koalition hin und wieder Nuancen in der Farbskala bis hin zu einem hellen Grau mit einem Hauch von Grün zu entdecken sind. Ein schönes Beispiel dafür ist beispielsweise Herr Göppel (CSU, CDU/CSU-Fraktion im Umweltausschuss des Bundestages, Obmann), der in einem Interview die Fragen Herrn von Brackels (Online-Magazin "Klimaretter.Info") beantwortete. Seine Antworten habe ich hier kurz zusammengefasst:

Pro:
  • Wer in Zukunft von den Ausnahmen bei der Ökostrom-Umlage profitieren will, der muss seine Energie effizienter einsetzen. Dass Haushaltsgeräte nach ihrer Energieeffizienz gekennzeichnet werden sollen, ist allerdings nicht unbedingt etwas neues: Bei E-Herden, Waschmaschinen etc. gibt es das bereits. Ich bin mir allerdings nicht sicher, ob es dafür bindende Vorschriften gibt, oder ob das auf freiwilliger Basis geschieht.
  • Zur Zukunft der Energieerzeugung aus Biomasse einigten sich die Verhandlungspartner darauf, dass diese sich zukünftig "überwiegend" auf Reststoffe beschränken soll. Herr Göppel hält das für sinnvoll: Biomasse-Kraftwerke würden als Lückenfüller für die Stromerzeugung aus Sonne und Wind benötigt.
  • Bei der Solarenergie und der Wasserkraft ändert sich Herrn Göppel zufolge nichts. Bezüglich der Solarenergie-Branche ist allerdings auch kaum noch Substanz übrig, die sich noch weiter demontieren ließe. Die Hersteller von Fotovoltaik-Panels und Solarkraftanlagen haben das, was der Windenergie-Branche erst noch bevorsteht, nämlich bereits hinter sich.

Kontra:
  • Mit der Festlegung auf Standorte für Windkraftanlagen, an denen mindestens 75 Prozent des besten deutschen Standorts zu erwarten ist, wird südlich der Mittelgebirgsschwelle praktisch kein Windausbau mehr möglich sein. Das ist ein abruptes Abwürgen der Windkraft in Süddeutschland. Dort wird jedoch ein Grundgerüst an Windlanlagen gebraucht, um die Region mit Energie zu versorgen und das Netz zu stabilisieren. Das vor zwei Jahren vom Bundesland Bayern verabschiedete Energiekonzept, demzufolge die Hälfte des Stroms auf der eigenen Fläche mithilfe erneuerbarer Energiequellen erzeugt werden soll, ist mit damit nicht mehr umsetzbar.
  • Die Steuerabschreibung für die energetische Sanierung der Altbausubstanz ist komplett weggefallen. Das wird die deutsche Klimaschutzbilanz zurückwerfen.
  • Es besteht die große Gefahr, dass die Stromerzeugung wieder in die Hand von zentralen Großkonzernen gerät und die Bürger mit normalem Einkommen sich nicht mehr daran beteiligen können: Ab 2018 sollen Ausschreibungen ohne eine Bagatellgrenze stattfinden. Das wird zum Ausschluss der breiten Bevölkerungsschichten führen. Die Hoffnung der Menschen, dass auch Normalbürger sich mit kleinen Geldbeiträgen in Energiegenossenschaften einbringen können, wird damit zerschlagen.
  • Eines der größten Defizite im Koalitionsvertrag besteht darin, dass keine neue Strommarktordnung vorgesehen ist. Der gesamte Strom aus erneuerbaren Energiequellen wird weiterhin über den Spotmarkt der Strombörsen gehandelt. Das wird die Preise an den Börsen weiter drücken. Das Problem der steigenden EEG-Umlage aufgrund der sinkenden Preise wird damit nicht behoben. Ohne eine neue Strommarktordnung wird die Kostenspirale nicht zu brechen sein.


Vorrang für fossile Energieträger

Für die erneuerbaren Energieträger sind im Koalitionsvertrag Ausbaukorridore vereinbart worden. Bis zum Jahr 2025 soll ihr Anteil am Strommix 40 bis 45 Prozent betragen. Im Umkehrschluss wird den fossilen Energieträgern damit ein Anteil von 55 bis 60 Prozent garantiert. Herr von Brackel fragte, wie sich die Grundidee der Energiewende - weg von den fossilen Energieträgern - so überhaupt noch durchsetzen lässt.

Herr Göppel antwortete (Zitat): "Mit den jetzigen Festlegungen werden wir selbst diese herabgesetzten Ziele nicht erreichen. Zum Ende dieser Legislaturperiode wird sich die Frage stellen: Wie will Deutschland weitermachen? Meine Befürchtung ist, dass dann manche sagen: Jetzt müssen die Atomkraftwerke weiterlaufen. Und das war wahrscheinlich auch das geheime Ziele mancher Verhandlungspartner."
  • Alle Achtung:
    Da sagt ein CSU-Politiker genau das, was die Atomkraftgegner seit dem Beschluss des wespenfarbenen Atom-"Ausstiegs" befürchten!

Abschließend fragte Herr von Brackel nach dem Alternativmodell Herrn Göppels. Seine Antwort (Zitat): "Wir sollten den vier Konzernen der Übertragungsnetzbetreiber die Stromvermarktung wegnehmen und auf die 900 regionalen Stromvertriebe in Deutschland übertragen – je nach ihrem Marktanteil. Das würde bedeuten: Die echten Erzeugungskosten der Erneuerbaren werden in der jeweiligen Region zur Basis der Vergütung. Die 900 Stromhandelsunternehmen haben direkten Kundenkontakt und sind Brücken zwischen den regionalen Erzeugern und den Stromabnehmern, sie können deshalb auch besser die Energielasten verschieben. So kann viel feiner gesteuert werden und gezielt Strom eingesetzt werden. Das ist volkswirtschaftlich sehr viel effizienter."

Herr Göppel sagte, er habe sein Konzept in der Energiegruppe zwar vorgestellt, aber Herr Altmaier (CDU, Bundesumweltminister) habe sich diesem Gedanken nicht anschließen wollen.


Schade eigentlich. Vielleicht sollte Herr Altmaier in einer Großen Koalition lieber ins Wirtschaftsministerium wechseln.

Ich bin dann Morgen mal weg:



(Quelle: Klimaretter Info vom 28.11.2013 )

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