Dienstag, 27. Mai 2014

Die Wahl ist gelaufen ...


EVP: Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten)
S+D: Fraktion der Progressiven Allianz der Sozialdemokraten
ALDE: Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa
Grünen/EFA: Die Grünen/Freie Europäische Allianz
EKR: Europäische Konservative und Reformisten
GUE/NGL: Vereinte Europäische Linke/Nordische Grüne Linke
NI: Fraktionslos – Mitglieder, die keiner Fraktion angehören 

EFD: Fraktion „Europa der Freiheit und der Demokratie“
Sonstige: Neue Mitglieder, die keiner Fraktion des scheidenden Parlaments angehören


... und wieder es gibt jede Menge Sieger: Die SPD sowieso - obwohl sie wie gewöhnlich hinter der CDU liegt. Die CDU ist also auch Sieger - obwohl sie in ihrer Zweieinigkeit mit ihrer schwarzen Schwester CSU sichtbar Federn lassen musste.

Die CSU ist nämlich kein Sieger. Ihr Schuss mit der Besetzung ähnlicher europakritischer Themenn wie diejenigen der AfDn ist jedenfalls kräftig nach hinten losgegangen. Die AfD wiederum ist auch ein Sieger: Von 0 auf 7 Prozent zur selbsterklärten "Volkspartei" aufgestiegen, zieht sie mit einer- oder auch mit einem Abgeordneten ins Europäische Parlament um dafür zu sorgen, dass Deutschland aus der EU austritt - Kleingeist und Größenwahn lassen schön grüßen.

Dank der weggefallenen "5-Prozent-Hürde" gehört auch die FDP wieder zu den Siegern und zieht mit 3 Abgeordneten ins nächste Europäische Parlament - trotz ihres Absturzes um 7,6 Prozentpunkte (von 11 im Jahre 2009 auf jetzt gerade noch 3,4 Prozent). Vielleicht hätte sie sich - als sie noch die Chance dazu hatte - anstatt für die Hoteliers und die Atomkonzerne, mit Nachdruck für die Abschaffung der "5-Prozent-Hürde" bei der Wahl zum Deutschen Bundestag stark machen sollen. Dann hätte sie bei der letzten Bundestagswahl auch zu den Siegern gehört ...

Statt all der viel geweinten Freudentränen hätten die Sieger allerdings besser bittere Tränen wegen der besorgnisserregenden Stimmengewinne am äußersten rechten Rand des politischen Spektrums vergießen sollen. Die vermeintlich einfachen Lösungen und Heilsversprechen von rechts außen sind in Krisenzeiten für viele Menschen offenbar mal wieder attraktiver gewesen als keine Lösungen oder solche, die nur dem Erhalt der Macht der Arroganz in den Kreisen der "großen Volksparteien" und der EU-Kommission im fernen Brüssel, sowie derjenigen ihrer Freude in Wirtschaft und Industrie dienen.




Wenn in Frankreich und dem Vereinigten Königreich von Rechtsaußen bereits kurz nach Auszählung der Stimmen die ersten Forderungen nach Neuwahlen und Rücktrittsforderungen an die Adressen der Regierungen zu hören sind, dann sehe ich darin eine ernsthafte Bedrohung für die Zukunft Europas: Beinahe jedes fünfte Kreuzchen auf den Stimmzetteln prangte neben den Parteinamen von Europakritikern über Rechtspopulisten bis zu zu waschechten Nazis.

Auch wenn die "Repiblikaner" und die NPD mit zusammen 1,4 Prozent der Stimmen in Deutschland im Vergleich mit dem "Front National" in Frankreich oder der "UKIP" in Großbritanien noch keine Gefahr für die Demokratie und die Europäische Union darstellen, sollte der Senkrechtstart der AfD doch Grund zum Nachdenken geben - selbst wenn Herr Lucke (AfD, Parteisprecher) beteuert, seine Partei sei keine rechte-, sondern eine "Volkspartei".

Ein Europäer ist er jedenfalls nicht und der AfD fehlt offensichtlich der Blick über den nationalen Tellerrand. Wenn in der heutigen globalisierten Welt wieder alle damit anfangen sollten, ihre kleinen national-patriotischen Brötchen zu backen, dann sind wir bald wieder da, wo unsere Großeltern und Urgroßeltern zu Beginn des letzten Jahrhunderts schon einmal waren.

Deren Generationen sind bekanntermaßen auch schon zweimal auf die tumben Parolen der damaligen Aristokratie und der Nazis hereingefallen. Die Resultate - zwei Weltkriege mit Millionen von Toten und zerbombten Städten, unzählichen Flüchtlingen und Vertriebenen in Europa - scheinen bei viel zu vielen Menschen in Europa bereits in Vergessenheit geraten zu sein.

Und in den derzeitigen Regierungen Frankreichs, Großbritaniens, Dänemarks etc. hat jetzt das große Schulterzucken begonnen: Wie kann's nur angehen, dass die Menschen nicht mehr zufrieden sind mit dem, was ihnen seitens der "etablierten Parteien", die immer mehr von ehemaligen Volksvertretern zu Handlangern der Lobbyisten mutieren, zugemutet wird?

Der Weg zurück in nationale Kleinstaaterei ist jedenfalls keine Lösung für die globalen Probleme der Menschheit (Klimawandel, Resourcenverschwendung etc.) und der Weltwirtschaft. Die ist ebenso reformbedürftig, wie die politischen Machtverhältnisse in Europa. Viele der "Europakritiker" meinen wohl auch eher die Europäische Kommission, als das Europäische Parlament, wenn sie sich über die "EU und die da oben in Brüssel" aufregen. Die Entwicklung hin zu einer wirklichen Demokratie in Europa, die von den Bürgern Europas akzeptiert und unterstützt wird, benötigt deshalb aus meiner Sicht eine deutliche Verlagerung der Entscheidungsbefugnisse von der Kommission zum Parlament.

Und den Mitbürgern in ganz Europa, die mal wieder nicht zur Wahl gegangen sind, weil "die da oben" ja ohnehin machen, was sie wollen, und die jetzt vielleicht erschrocken über die lauter werdenden rechten Parolen sind, sei gesagt: Hättet ihr eure Stimme irgendeiner anderen Partei gegeben, die nicht den Extremisten zuzuordnen ist, dann wären die "Farage's" (UKIP), "Le Pen's" (Front National), Skaarup's (Dansk Folkeparti) und wie sie alle heißen mögen, mit einem deutlich geringeren Anteil Abgeordneter ins Europäische Parlament eingezogen - und auch die Siege der "großen Volksparteien" wären sicherlich etwas weniger glänzend ausgefallen.


(Quellen: EU Wahlergebnis, Bundeswahlleiter - Pressemitteilung vom 26.05.2014, Süddeutsche Zeitung vom 26.05.2014 02:18 Uhr:, WDR vom 26.05.2014 01:03 Uhr, Tagesschau vom  26.05.2014 00:42 Uhr, Tagesschau vom  25.05.2014 20:51 Uhr, ZDF-Heute vom 25.05.2014, Deutsche Welle vom 25.05.2014, Süddeutsche Zeitung vom 25.05.2014 20:08 Uhr, Frankfurter Rundschau vom 25.05.2014, Heise News vom 25.05.2014 18:14 Uhr, taz vom 25.05.2014, Süddeutsche Zeitung [Dossier])

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen



Eigene Meinungen, konstruktive Kritik, Anregungen etc. sind jederzeit willkommen.

Nettikette
Bitte achtet auf den »guten« Ton.
Beschimpfungen und ähnliches werden im Papierkorb veröffentlicht.


Anonyme Kommentare:
Wenn ihr "Anonym" bei "Kommentar schreiben als" auswählt, dann lasst mich und die anderen Leser bitte wissen, wer ihr seid.

Um faire Diskussionen zu gewährleisten, werde ich Kommentare ohne "Identität" in Form einer E-Mail-Adresse, einem Namen oder zumindest einem Nicknamen nicht veröffentlichen!

Zum Schutz vor Spammern müssen die Kommentare erst von mir freigeschaltet werden. Ich bitte dafür um euer Verständnis.