Dienstag, 29. Juli 2014

Eine Einladung zum Fastenbrechen

Die Zentum-Moschee in der Potsdamer Straße ...
Gestern feierten die Muslime das Ende ihres Fastenmonats Ramadan. Am letzten Donnerstag, also noch während des Ramadans, waren alle Bremerhavener im Rahmen des "Leher Kultursommers 2014" religionsübergreifend eingeladen, am Fastenbrechen teilzunehmen.

Eingeladen hatte die "türkisch-islamische Gemeinde zu Bremerhaven". Zuvor gab es die Möglichkeit zur Teilnahme an einer Führung durch die Moschee in der Potsdamer Straße (Zentralmoschee). Ich war sehr beeindruckt von der Einrichtung und der künstlerischen Ausstattung des Gebetsraums der Moschee. Wenn man draußen auf der Straße an dem Gebäude vorübergeht, sieht man ihm das nicht an.

Die geschwungene und reich verzierte, einem gegliederten Gewölbe ähnliche Decke des Raumes ist in das Spitzdach des Gebäudes eingearbeitet. Unsere Führerin erklärte, im Islam sei die bildliche Darstellung religiöser Personen oder religiöser Szenen - wie es in christlichen Kirchen üblich ist - verboten. Daher besteht der Schmuck an den Wänden und an der Decke des Gebetsraums aus Ornamenten und arabischen Schriftzeichen.

In der Mitte der dem Eingang gegenüberliegenden Wand befindet sich eine mit Kacheln ausgekleidete Gebetsnische. Die aus der Türkei importierten Kacheln sind mit Ornamenten geschmückt, die unserer Moschee-Führerin zufolge, in dieser Art nur dort hergestellt werden.

Die Gebetsnische ist in Richtung der Kaaba, dem zentralen Heiligtum des Islam ausgerichtet und kennzeichnet so die Gebetsrichtung. Unsere Führerin erklärte uns, man könne sich die Gebetsnische als eine Art der Kaaba zugewandtes Tor vorstellen, durch das eine rituelle Verbindung zum Zentralen Heiligtum des Islam hergestellt wird.

Auch die Verzierungen des Teppichs, mit dem der Gebetsraum der Moschee ausgelegt ist, weisen in Richtung der Kaaba. Dieser Teppich darf nicht mit Schuhen betreten werden. Deshalb wurden auch wir gebeten, vor dem Betreten des sakralen Raumes der Moschee unsere Schuhe auszuziehen. Bevor ein Moslem den Raum zum Gebet betritt, vollzieht er darüberhinaus eine rituelle Waschung.

Ebenso wie die Gemeinde steht beim Gebet auch der Imam mit dem Gesicht in Richtung der Gebetsnische. Aufgrund der halbrunden Ausformung der Nische werden seine Worte in den Gebetsraum reflektiert, damit die Gemeinde seine Worte verstehen kann.

An der linken Seite der Wand mit der Gebetsnische gibt es einen etwas erhöhten, über wenige Treppenstufen erreichbaren "Lehrstuhl", von dem aus der Imam seine Predigt hält, und rechts von der Gebetsnische befindet sich die Kanzel. Wie uns erklärt wurde, ist diese zwingend notwendig für das Freitagsgebet, dem - wie ich es verstanden habe - im Islam eine ähnliche Bedeutung zukommt, wie dem sonntäglichen Gottesdienst der evangelischen- oder der heiligen Messe der katholischen Christen.


... mit ihrem zum Hof ausgerichteten Minarett
Zum Abschluss der Führung beantworteten unsere Führerin und der Imam der Moschee Fragen ihrer Gäste. Ich meinte einmal gelesen zu haben, dass der Ramadan in das Frühjahr fällt. Daher interessierte es mich, in welchem Zeitraum die Muslime ihren Fastenmonat begehen.

Der Beginn und das Ende der Fastenzeit richten sich nach dem Mondkalender des Islam. In diesem Kalender ist der Ramadan der neunte Monat. Da der astronomische Mondzyklus vom Monatszyklus unseres Kalenders, der sich nach dem astronomischen Sonnenzyklus richtet, abweicht, verschiebt sich der Monat Ramadan in jedem Jahr um einige Tage im Jahr nach vorne. So kommt es, dass der Ramadan im Laufe der Zeit in allen vier Jahreszeiten stattfindet.

Ein anderer Besucher fragte daraufhin, ob es Unterschiede in Abhängigkeit davon gibt, in welcher Jahreszeit die Muslime ihren Ramdan begehen. "Sicher gibt es da Unterschiede.", erhielt er zur Antwort. Da die tägliche Fastenzeit im Ramadan - während der ein Muslim weder isst noch trinkt(!) - von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang dauert, falle das Fasten im Winter leichter, als während der langen Tage des Sommers.


Nach dem Ende der Führung ergab sich im Hof der Moschee noch ein zufälliges Gespräch einiger Besucher mit unserer Moscheeführerin. Darin kamen unter anderem auch die gemeinsamen Wurzeln und die Unterschiede zwischen den drei großen, monotheistischen Weltreligionen zur Sprache. So erfuhr ich bei der Gelegenheit, dass die Jungfrau Maria und die unbefleckte Geburt ihres Sohnes Jesus auch im Islam eine zentrale Rolle spielen. Die Jungfrau Maria genieße bei den Muslimen ein hohes Ansehen.

Im Gegensatz zu den Christen, die glauben, das Jesus als "Sohn Gottes" zur Welt kam, sei dieser im Islam ein weiterer Prophet. Die Vorstellung, der allmächtige Gott der Juden, Christen und Muslime könne einen Sohn haben, der als "fleischgewordener Gott" quasi mit ihm auf der gleichen Stufe steht, sei den Muslimen fremd ...


Irgendwie muss das Gespräch im Hof der Moschee wohl doch länger gedauert haben, als es uns vorgekommen war. Jedenfalls hatte man schon jemanden geschickt, um nach uns zu suchen, weil der Beginn des Fastenbrechens kurz bevor stand und man uns am für uns reservierten Tisch im großen Begegnungssaal der Moschee vermisst hatte. Dort versammeln sich im Ramadan Abend für Abend etwa 400 Muslime zum gemeinsamen Fastenbrechen.

Bereits während der Imam noch das Gebet zum Fastenbrechen sprach, wurden bereits die Teller gefüllt. Für jemanden wie mich, in dessen Vorstellung türkisches Essen im Wesentlichen aus den bekannten Spezialitäten, wie beispielsweise Geschnetzeltem in Fladenbrottaschen (Döner), türkischer Pizza (Lahmacun) oder Hackfleisch in Teigmantel besteht, waren auch die Linsensuppe und die Kartoffeln mit Hackfleischröllchen, Gemüse und Soße, beides gut gewürzt, eine neue Erfahrung.

Die Gespräche am Tisch mit den anderen Gästen und einem unserer Gastgeber, der an unserem Tisch saß, drehten sich unter anderem um den Alltag in muslimischen Familien, die aufgrund der Entfernung seltenen Treffen zwischen den hier lebenden Migranten und ihren Verwandten in ihren Herkunftsländern, den persönlichen Wünschen und Hoffnungen bezüglich des friedlichen Zusammenlebens der Völker, das Fasten und das tägliche Fastenbrechen in der großen Gemeinschaft während des Ramadan.

  • Ich bedanke mich auf diesem Wege noch einmal für die Führung durch die Moschee, die Einladung zur Teilnahme am Fastenbrechen und die freundliche Aufnahme. Für den Fall, dass ich etwas missverständlich oder sachlich falsch wiedergegeben haben sollte, würde ich mich über entsprechende Kommentare freuen.




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