Montag, 26. Januar 2015

Wer TTIP sät, wird Gentechnik ernten


Redebeiträge und Impressionen von der "Wir haben es satt"-Demo am 17.01.2015 in Berlin
Kieke Ma Film Berlin, CC: BY-SA)

In unserer globalisierten Welt kommt es immer häufiger zu Wechselwirkungen zwischen den Themenbereichen "Schutz der natürlichen Nahrungsmittelresourcen", "Gesunde Ernährung" und "Chemie, Gentechnik und Agrarindustrie gegen bäuerliche und ökologische Landwirtschaft". Darüberhinaus zeigt sich auch in diesem Zusammenhang die Notwendigkeit zur Verteidigung unserer freiheitlich, demokratischen Rechte gegen die Gier multinationaler Konzerne.

Unter dem Motto "Wir haben es satt!" trugen deshalb am 17.01.2015 fünfzigtausend Menschen unter anderem auch ihren Protest gegen die Handelsabkommen CETA und TTIP auf die Straßen Berlins. Auf Schildern und Transparenten des demokratischen Netzwerks "Campact" hieß es passend dazu: "Wer TTIP sät, wird Gentechnik ernten."

Schlechte Erfahrungen mit der Implementierung von ISDS in anderen Handelsvereinbarungen zeigen die Notwendigkeit, gegen die "Frei"-Handelsabkommen CETA und TTIP zu demonstrieren. Solange "ISDS" und "regulatorische Kooperation" in den CETA- und TTIP-Vertragswerken enthalten sind, steht das "Frei" in den beiden Handelsabkommen für die Freiheit multinationaler Konzerne, die demokratische Gesetzgebung in allen Bereichen unseres täglichen Lebens mithilfe undemokratischer internationaler Schiedsgerichte faktisch außer Kraft zu setzen. Wer sich dagegen nicht zur Wehr setzt, stimmt - im wahrsten Sinne des Wortes - stillschweigend der Demontage seiner grundlegenden demokratischen Rechte zu!


Verstoß gegen das Grundgesetz

Dazu schreibt Herr Prof. Dr. Broß (Richter des Bundesverfassungsgerichts a. D., Richter am Bundesgerichtshof a. D.) in einem am 19.01.2015 veröffentlichten Gutachten, die in TTIP und CETA vorgesehenen privaten Schiedsgerichte würden gegen das Grundgesetz verstoßen und mit Prinzipien des Völkerrechts kollidieren. Darüberhinaus wäre es ein "Verlust von staatlicher Souveränität und Selbstachtung", wenn die Bundesregierung sich "einer Gerichtsbarkeit außerhalb der Staatenebene" unterwürfe. Damit bestätigt Herr Broß - sozusagen "höchstrichterlich" - meine grundsätzlichen Einwände gegen die Ratifizierung von CETA und TTIP!

Die entscheidende Schlussfolgerung aus dem Gutachten ist jedoch, dass das System privater Schiedsgerichte nicht reformierbar ist. Vorschläge über kleine Änderungen hier oder da, wie sie der Bundesregierung vorschweben, sind daher völlig indiskutabel. Diese Schiedsgerichte sind grundverkehrt und müssen abgeschafft werden - auch in alten Handelsabkommen!
  • Sollte diese Bundesregierung - oder eine der nachfolgenden - nicht alles in ihrer Macht stehende unternehmen, um ein derart umfassendes und weitreichendes Handeslabkommen - wie TTIP und CETA es verkörpern - inklusive ISDS(!) zu verhindern, dann verstieße sie nicht nur gegen nationales und internationales Recht, sondern auch gegen die Mehrheit der Bundesbürger - 55 Prozent der Befragten einer infratest-dimap-Umfrage vom Juni 2014 befürchten eher Nachteile, während nur 31 Prozent eher Vorteile vermuten -, sowie gegen den Willen zigtausender Demonstranten und inzwischen mehr als 780000 Bundesbürgern, die mit ihrer Unterschrift die Forderungen der selbstorganisierten Europäischen Bürgerinitiative "Stop TTIP" unterstützen.


Versteckte Kosten und drohender Rückschritt

Eine äußerst aufschlussreiche Zusammenstellung von Fällen, in denen multinationale Konzerne mithilfe von ISDS-Klauseln in bereits bestehenden Vereinbarungen gegen demokratisch legitimierte Gesetze europäischer Staaten klagen, und welchen Schaden sie damit den Bürgern und Steuerzahlern zufügen, findet sich in einer am 04.12.2014 veröffentlichten Studie des europäischen Umweltschutznetzwerks "Friends of the Earth" mit dem Titel "The hidden cost of EU trade deals" - Die versteckten Kosten in EU-Handelsvereinbarungen. Leider gibt es die Studie nur in englischer Sprache. Zumindest die grafischen Darstellungen und die Erläuterungen dazu sollten aber auch mit "Schulenglisch" verständlich sein.


Sollten TTIP und CETA mit ISDS und CCR in Europa, Kanada und den USA geltendes Recht werden, so dass multinationale Konzerne demokratisch legitimierte Gesetze einfach weg klagen könnten, dann wäre zu befürchten, dass all das, was die Redner und 50.000 Bürger am 17.01.2015 in Berlin als "bereits heute schon unhaltbar" anprangerten, auf vielfache Weise dammbruchartig und nicht mehr zu stoppen über uns hereinbrechen würde.
  • Wir brauchen den Fortschritt in eine energetisch, ökologisch, technisch und wirtschaftlich nachhaltig organisierte Zukunft.
  • Wir brauchen keinen Rückschritt in Richtung des absoluten Kapitalismus und der sozialen Missstände während der finstersten Zeiten der industriellen Revolution, deren Spätfolgen heute infolge der globalen Erwärmung die Lebensgrundlagen der kommenden Generationen bedrohen.

Deshalb:
Europäische Bürgerinitiative gegen TTIP und CETA


(Quellen: Die Zeit vom 03.07.1994, Stop TTIP!, Wir haben es satt!, Campact, Friends of the Earth, Hans-Böckler-Stiftung, Wikipedia )

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