Sonntag, 31. Mai 2015

ISDS verstößt gegen Verfassung


 

Darauf, dass mit TTIP eine Lawine von Klagen ausländischer Konzerne vor internationalen Schiedsgerichten (ISDS - Investor State Disput Settlement) gegen Gesetze der EU-Mitgliedsstaaten - und damit auch auf Deutschland - zukäme habe ich bereits mehrfach hingewiesen.

Um welche Größenordnungen es sich dabei aber handelt, verdeutlicht Attac Österreich in einem Artikel auf seiner Internetseite vom 06.05.2015. Dort heißt es, TTIP würde den Umfang an Investitionsströmen, die multinational operierenden Konzernen die Möglichkeit geben würden, vor internationalen Schiedsgerichten gegen Gesetze und Gesetzesinitiativen der EU-Staaten zu klagen, dramatisch erhöhen würde.

Derzeit hätten nur acht Prozent der in der EU tätigen US-Unternehmen die Möglichkeit, vor Schiedsgerichten gegen demokratisch legitimierte Entscheidungen der EU-Staaten zu klagen. TTIP würde für alle Investitionsströme und für mehr als 47000 US-Unternehmen neue Möglichkeiten schaffen, unliebsame politische Maßnahmen anzugreifen.

Investoren hätten aktuell bereits 30 Milliarden Euro Entschädigung von EU-Mitgliedstaaten erwirkt. Die Rechnung dafür würden die Steuerzahler in den EU-Staaten bezahlen.


Dass der Widerstand der Bürger in den EU-Mitgliedsstaaten deshalb kontinuierlich weiter zunimmt, ist daher kaum eine Überraschung. Wenn man, wie ich, die Entwicklung der Zunahme der Unterstützung für sie selbstorganisierte Europäische Bürgerinitiative "Stop TTIP!" in den einzelnen EU-Mitgliedsländern beobachtet, dann kann man sehr schön erkennen, wie die Zahl der Unterstützer mit dem Umfang der in den jeweiligen EU-Ländern für die "breite Öffentlichkeit" zur Verfügung stehenden Informationsvielfalt zunimmt.

Nachdem am 11.05.2015 Tschechien sein Länderquorum für die selbstorganisierte Europäische Bürgerinitiative (sEBI) "Stop TTIP!" erreicht hatte, erfüllt seit vorgestern als 14. EU-Mitgliedsland auch Dänemark dieses Kriterium für den Erfolg einer registierten Europäischen Bürgerinitiative (EBI). Notwendig sind dafür mindestens 7 erfüllte Länderquoren.

Aktuell erfüllen damit
  • doppelt so viele Länder, wie überhaupt nötig wären
  • und gleichzeitig die Hälfte aller EU-Mitgliedsländer

    dieses zweite wichtige Kriterium
 Das erste Kriterium, mindesttens eine Million Unterschriften, war bereits knapp zwei Monate nach dem Beginn der Unterschriftensammlung erreicht worden. - Und aktuell fehlen nur noch 42000 Unterschriften an der zweiten Million, darunter mehr als 1,1 Millionen allein aus Deutschland!
    Es sind aber nicht nur die Bürger, die sich mit ihrer Unterschrift gegen die Folgen von TTIP aussprechen. Auf Antrag von Bündnis 90/ DIE GRÜNEN, Die Linke, den Piraten und den Freien Wählern hatte beispielsweise der Stadtrat von Erfurt am 27.05.2015 ein starkes Zeichen gesetzt, indem er die Stadt mehrheitlich symbolisch zur TTIP-freien Zone erklärte.


    Trotz der großen Zahl der Bürger Europas, die Schiedsgerichte (ISDS) oder - als nur eines unter zahlreichen Beispielen - genmanipulierte Nahrungsmittel durch die TTIP-Hintertür ablehnen-, trotz aller Warnungen vor den Folgen von Handelsabkommen à la TTIP, CETA oder TPP mit Verweis auf die negativen Auswirkungen in bereits bestehenden ähnlicher Abkommen mit ISDS-, trotz der überwäligenden Ablehnung von TTIP und ISDS als Ergebnis einer von ihr selbst durchgeführten Umfrage (97 Prozent von 150000 befragten EU-Bürgern), hält die EU-Kommission unbeirrt weiter an TTIP und CETA - inklusive ISDS! - fest und folgt damit dem Weg, den die vorherige EU-Kommission mit der Ablehnung der Registrierung von "Stop TTIP!" begonnen hatte.

    Mit Demokratie hat das alles aus meiner Sicht nicht mehr viel zu tun. Mit dieser Ansicht befinde ich mich in guter Gesellschaft, unter anderem von verschiedenen Verfassungsrechtlern - darunter auch Herr Broß (ehem. Richter am  Bundesverfassungsgericht), die darauf verweisen, dass ISDS sowohl gegen die nationalen Verfassungen der EU-Staaten (darunter auch das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland), wie auch gegen europäisches Recht verstoßen.


    Europäische Bürgerinitiative gegen TTIP und CETA




    (Quellen: Attac Österreich vom 06.05.2015, Heise Telepolis vom 09.04.2015, Der Spiegel vom 19.01.2015 )

    Freitag, 29. Mai 2015

    Als wolle man selbst darin wohnen ...

    Wohnen im "Stadtschloss": Umfassend saniertes Eckhaus in der Rickmersstraße (2013)
    Insbesondere während der letzten fünf Jahre hat sich im Goethe-Quartier des Bremerhavener Stadtteils Lehe einiges zum Positiven verändert. Nur findet das leider unter den weiterhin vorherrschenden Negativschlagzeilen der Boulevardpresse keinerlei Beachtung.

    Unter anderem auch, um dem in der Öffentlichkeit etwas entgegenzusetzen, hat die "Eigentümerstandortgemeinschaft Lehe" (ESG-Lehe e.V.) - ein Zusammenschluss im Quartier aktiver Immobilieneigentümer - jetzt ein weiteres ihrer Projekte abgeschlossen. In ihrer druckfrischen Modernisierungsfibel stellt die ESG-Lehe einige Beispiele vor, die aufzeigen, welchen Einfluss Sanierungsprojekte engagierter Eigentümer, die in ihren Immobilien kein reines Spekulationsobjekt sehen, auf das Quartier haben.


    Herr Pantke (Sanierung Rickmersstraße) und Herr Uhde (Sanierung Körnerstraße),
    hier im Gespräch mit Herrn Janßen (ESG-Lehe, Vorsitzender)

    Alle Eigentümer, die in der Modernisiserungsfibel zu Wort kommen und Wohnungen in ihren Häusern vermieten, berichten übereinstimmend, dass sich die Sanierungsanstrengungen positiv auf die Mietauslastung ausgewirkt haben. Sowohl Herr Pantke (Sanierung Rickmersstraße), wie auch Herr Uhde (Sanierung Körnerstraße) empfehlen, Wohnungen so zu sanieren, als wolle man selbst darin wohnen. Dann gäbe es auch keine Probleme, entsprechende Mieter dafür zu finden.

    Herr Pantke, dem man während seines Vortrags anmerkte, wie "sein Herz an seinem Haus hängt", ging sogar noch einen Schritt darüber hinaus. Mit Blick auf die detailgetreue Wiederherstellung der Fassade und des Daches - inklusive Turmhäubchen auf dem Eck-Erker - seines Hauses bezog er sich auf Schloss Neuschwanstein, das "Jahr für Jahr Millionen von Besuchern anzieht". Nun - ganz so weit sind wir in Lehe zwar noch nicht, aber wenn man nicht wüsste, dass Herrn Pantkes Haus in Bremerhaven am Rande des Leher Goethe-Quartiers steht, dann könnte man es angesichts des oben abgebildeten Fotos wohl ohne weiteres in einem noblen Viertel in Wien, Hamburg oder München vermuten.


    Familien-Projekt: Kauf und Sanierung eines Altbaus in der Körnerstraße (2014)
    Im Rahmen ihrer Veranstaltungsreihe "Themenabend Altbausanierung" stellte die ESG-Lehe gestern Abend ihre neue Modernisierungsfibel, mit der sie allen Haus- und Wohnungseigentümern Mut machen will, in ihre Immobilien zu investieren, erstmals der Öffentlichkeit vor. Mit mehr als fünfzig Gästen war die Veranstaltung sehr gut besucht. Im Vorwort der Fibel heißt es (Zitat):
    "Innerhalb des Goethestraßen-Quartiers ist seit einigen Jahren eine Renaissance spürbar: Die für Bremerhaven einzigartige Gründerzeitarchitektur hat innerhalb der letzten Jahre bereits vielerorts eine bemerkenswerte Aufwertung erfahren. Zahlreiche Häuser wurden durch Fassadensanierung, Wärmedämmung, Dachsanierung oder Balkonerneuerungen auf ein modernes, attraktives Niveau gehoben. Der Gewinn an Lebens- und Wohnqualität ist immens, gleiches gilt für Mietauslastung und Mietpreise. Die Ausstrahlungswirkung auf die Nachbarschaft ist ebenso fruchtbar."

    Nachhaltig erfolgreiches Sanierungsprojekt der "Stäwog": Goethestraße 43
    Nachdem Frau Dr. Ehbauer (Baustadrätin) die Grußworte für den Magistrat überbracht hatte, und einige der Eigentümer, deren Immobilien in der Modernisierungsfibel dargestellt sind, etwas zu ihren Projekten gesagt hatten, führte Herr Becker (Energiekonsens Bremerhaven, Leiter) in das Thema "Energieeinsparung" ein.


    Frau Dr. Ehbauer (links, Baustadträtin) und Herr Lückehe
    (rechts, Stäwog, Geschäftsführer - Sanierung Goethestraße 43)

    Podiumsdiskussion - Foto links: Herr Janßen, Herr Borch (Malerinnung) Herr Becker
    - Foto rechts: Herr Janßen, Herr Klonczinski (Innung Bauhandwerk), Herr Borch

    Referat "Energieeinsparung" (Herr Becker, Energiekonsens Bremerhaven)

    Dabei bezog er sich auf seine Erfahrungen mit der Sanierung seines eigenen Hauses im Bremer Stadtteil Gröpelingen. Sein Fazit: Wenn man anfangs an den verkehrten Stellen spart, zahlt man am Ende doppelt drauf.

    Sein eindrucksvoller Beleg dafür war die Entwicklung der Energiebilanz seines Hauses. Seit er das Haus erwarb, notiert er in regelmäßigen Abständen die Verbräuche von Strom, Gas und Wasser. Trotz des Anstiegs der Energiepreise liegen seine Kosten dafür heute noch auf dem gleichen Level, wie zu Beginn der Sanierung, die sich insgesamt über viele Jahre hinzog. Ebenso wie seine Vorredner stellte er klar, dass es bei der Sanierung eines Altbaus darauf ankommt, langfristig zu denken und die Arbeiten in der richtigen Reihenfolge zu planen.

    Anschließend folgte eine Podiumsdiskussion mit den Herren Klonczinski (Obermeister der Innung Bauhandwerk) und Borch (Obermeister der Malerinnung) zur Thematik "Sanierung von Altbauten".

    Die differenzierten Fragen der Besucher an die Teilnehmer der Podiumsdiskussion und an die Referenten sind Indizien dafür, wie groß das allgemeine Interesse am Thema "Altbausanierung" ist. Zum Abschluss der Veranstaltung wurde ausgiebig von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, sich mit anderen Besuchern, den Immobilieneigentümern und den Referenten über die Themen des Abends auszutauschen.


    Nach Abriss einer Spekulationsruine: Aufwertung eines Altbaus mit Ständerbalkonen
    Die Modernisierungsfibel ändert zwar nichts an den an einigen Stellen im Stadtbild des Viertels weiterhin unübersehbaren Spekulationsruinen, aber sie zeigt einen der zentralen Ansatzpunkte auf, mit denen ein Wandel - hin zu einer positiven Entwicklung des Goethe-Quartiers - eingeläutet werden kann. Darunter fallen sicher auch Neupauprojekte der Wohnungsbaugesellschaften "Gewoba" (Körnerstraße) und "Stäwog" (Stormstraße) auf Grundstücken, die ehemals durch dem Verfall preisgegebene Spekulationsruinen verschandelt wurden. Leider vermisse ich bei beiden Neubauprojekten die aus meiner Sicht notwendige Anpassung der Fassaden an die umgebende Bebauung zur Erhaltung des bestehenden gründerzeitlichen Stadtbilds.


    Neubauten der Stäwog (links, Stormstraße) und der Gewoba (rechts, Körnerstraße)

    Um hier nicht falsch verstanden zu werden: Neubauten dürfen - und sollen - als Neubauten erkennbar sein. Die heute übliche Flachdach/Quader-Architektur ist allerdings alles andere als eine gelungene Integration in die Umgebung. Dafür, dass es auch besser geht, gibt es - insbesondere auch im Goethe-Quartier - zahlreiche positive Beispiele.


    Es geht auch anders: Perfekt an die Umgebung angepasste Neubauten im Goethe-Quartier
    (Storm-/ Ecke Frenssenstraße, Potsdamer-/ Ecke Uhlandstraße und Goethestraße)

    Der "Stäwog" kann man allerdings zugute halten, dass sie sich auch für den Erhalt und die Sanierung gefährdeter Gründerzeit-Altbauten einsetzt. Neben dem Eckhaus Goethestraße 43, das vor einigen Jahren einer aufwändigen Grundsanierung unterzogen wurde und ebenfalls in der Modernisierungfibel beschrieben wird, hat sie - bis auf eine - alle Wohnungen im Nachbarhaus Goethestraße 45 erworben und beabsichtigt das Gebäude ebenfalls von Grund auf zu sanieren.


    Besucher des Themenabends mit Vorstellung der Modernisierungsfibel

    Was immer du tun kannst
    oder wovon du träumst –
    fang damit an!


    Johann Wolfgang von Goethe(Modersnisierungsfibel der ESG-Lehe)




    (Quellen: Modernisierungsfibel der ESG-Lehe, Referate und Gespräche während des Themenabends des ESG-Lehe)

    Dienstag, 26. Mai 2015

    UN-Sonderberichterstatter warnt vor TTIP und TPP


    ARD Wirtschaftsmagazin "Plusminus" vom 20.05.2015, TTIP-Themensendung

    Herr Gabriel versucht uns ja gerne weiszumachen, dass internationale Schiedsgerichte (ISDS) in den Handelsverträgen CETA und TTIP für Deutschland und seine Bürger kein Problem darstellen. Ich sehe das anders.

    Kämen nach Unterzeichnung der Verträge über die "Frei"-Handelsabkommen TTIP und CETA die darin enthaltenen internationalen Schiedsgerichte (ISDS - Investor-State Dispute Settlement) zum Einsatz, dann hätten internationale Konzerne das letzte Wort, wenn es um unsere Gesetzgegebung, etwa zum Schutz unserer Gesundheit, unserer Umwelt, unserer Nahrung, des Klimas und vieles mehr geht.

    Aktuelle abschreckende Beispiele dafür gibt es bereits - auch ohne TTIP, CETA, TISA und Co. Warum das so ist, und welche Lawine von Klagen ausländischer Konzerne auf uns zukäme, sollte die Bundesregierung den sogenannten "Frei"-Handelsabkommen zustimmen, beleuchtet die Sendung des ARD-Wirtschaftsmagazins "Plusminus" vom 20.05.2015 in ihrem Film Beitrag, der im Video oben ab 15 Minuten und 48 Sekunden zu sehen ist.


    Vattenfall gegen Deutschland

    Der schwedische Atomkonzern Vattenfall ist Betreiber des Atomkraftwerks "Krümmel" und des Kohlekraftwerk-Neubaus "Hamburg-Moorburg".

    Nach mehreren Störfallen war das Atomkraftwerk jahrelang außer Betrieb. Im Rahmen des schwarz-gelben Atommoratoriums nach dem Super-GAU in der japanischen Atomkraftanlage "Fukushima-I" verfügte die damalige Bundesregierung die endgültige Stilllegung. Dafür verklagt Vattenfall die Bundesrepublik vor einem internationalen Schiedsgericht auf 4,7 Milliarden Euro Schadenersatz.

    Das Schiedsgericht, dem keine Richter angehören, sondern ausschließlich Rechtsanwälte, die von den Streit-Parteien selbst ernannt wurden, tagt im Geheimen in einem Gebäude der Weltbank in Washington. Seine Entscheidung ist endgültig. Eine Berufung gegen das Urteil ist nicht möglich.

    Eine weitere Klage Vattenfalls im Falle des Kohlekraftwerks endete mit einem Vergleich. Vattenfall hatte vor einem internationalen Schiedsgericht gegen verschärfte Umweltauflagen Hamburgs hinsichtlich des anfallenden Kühlwassers geklagt. Die Auflagen zum Schutz der Umwelt hätten möglicherweise die erwarteten Gewinne des Konzerns beeinträchtigen können. Nachdem Hamburg die Umweltschutzauflagen zurückgenommen hatte wurde das Verfahren eingestellt.

    Die Sache wird allerdings noch ein juristisches Nachspiel haben: Da die Auflagen für Vattenfalls Kohlekraftwerk jetzt unterhalb der Umweltstandards nach EU-Recht liegen, will nun die EU-Kommission gegen Deutschland auf Einhaltung der europäischen Umweltauflagen klagen.

    Soviel also zu Herrn Gabriels Aussage, ISDS sei für Deutschland kein Problem ...


    Konzerne mutieren zum Gesetzgeber

    Sollte ISDS mit Ratifizierung der Handelsabkommen CETA und TTIP Realität werden, könnte das Beispiel des Kohlekraftwerks "Hamburg-Moorburg" in Deutschland noch viele Nachahmer finden - zulasten von uns Steuerzahlern. Anstelle von einzelnen Konzernen in einigen, wenigen Ländern würden dann plötzlich eine große Anzahl Konzerne aus vielen Ländern die Chance nutzen, demokratisch legitimierte Gesetze die möglicherweise ihren Profit mindern könnten, mithilfe von Schiedsgerichten außer Kraft zu setzen. Herr Efler (Mehr Demokratie e.V.) sagt dazu im Film (Zitat): "Die staatliche Gerichtsbarkeit wird umgangen. Dazu wird Druck ausgeübt auf demokratische Entscheidungsfindung. Manche Staaten trauen sich gar nicht mehr, entsprechende Gesetze zu machen, weil sie Angst vor Strafzahlungen haben." - Die Angst beschließt mit.

    Dass internationale Schiedsgerichte ursprünglich eine deutsche Erfindung sind, über die seitens der verantwortlichen Politiker in der Öffentlichkeit allerdings nicht so gerne geredet wurde, macht die Sache heute nicht besser. Damals ging es darum, Investoren gegen Enteignungen oder Vertragsbruch zu schützen. Heute klagen Konzerne jedoch immer häufiger, weil sie aufgrund von Gesetzesänderungen oder neuer Gesetze Gewinneinbußen befürchten.

    Als weiteres aktuelles Beispiel dafür verweist "Plusminus" auf die Klage des deutschen Energie-Konzerns RWE gegen Spanien. Dort gab es - ebenso wie in Deutschland - hohe Einspeisevergütungen für Strom aus erneuerbaren Energiequellen. In der Hoffnung auf große Gewinne hatte RWE in Spanien große Solaranlagen gebaut. Während der Finanzkrise kappte Spanien die Förderung. Dafür fordern RWE und weitere deutsche Firmen, die ebenfalls auf große Gewinne mit Solarkraftwerken in Spanien spekuliert hatten, jetzt hunderte Millionen Schadenersatz von Spanien. Das bisherige unternehmerische Risiko wird so zulasten der rechtsstaatlichen, demokratischen Gesetzgebung zur finanziellen Belastung der Steuerzahler - nicht nur in Deutschland.


    Hochrangige Warnung vor TTIP

    Eine weitere Bestätigung für meine eingangs erneut geäußerten Befürchtungen bezüglich ISDS in TTIP liefert ein Bericht der britische Zeitung "The Guardian". Am 04.06.2015 schrieb die Zeitung auf ihrer Internetseite, Herr de Zayas (UN-Sonderberichterstatter für Förderung einer demokratischen und gerechten internationalen Ordnung) habe vor der Implementierung von Schiedsgerichten (ISDS) in den aktuell verhandelten Handelsabkommen TTIP und TPP (Trans Pacific Partnership) gewarnt. Der Zeitung gegenüber habe er geäußert, aus anderen Handelsabkommen rund um die Welt könne man lernen, dass bedeutende Konzerne mithilfe geheimer Schiedsgerichtsverfahren, die außerhalb des Rechtssystems der staatlichen Gerichtsbarkeit operieren, erfolgreich politische Entscheidungen von Regierungen blockiert haben. (Zitat: "The lesson from other trade agreements around the world was that major corporations had succeeded in blocking government policies with the support of secret arbitration tribunals that operated outside the jurisdiction of domestic courts.")

    Die Einführung eines seperaten Rechtssytems zum Vorteil multinationaler Konzerne sei eine Bedrohung grundlegender Menschenrechte. Der Guardian zitiert Herrn de Zayas dazu mit den Worten (Zitat): "We don’t want a dystopian future in which corporations and not democratically elected governments call the shots. We don’t want an international order akin to post-democracy or post-law. .. The bottom line is that these agreements must be revised, modified or terminated." ("Wir wollen keine dystopische Zukunft, in der Konzerne und nicht mehr demokratisch gewählte Regierungen das Sagen haben. Wir wollen keine internationale Ordnung ähnlich einer Postdemokratie oder ohne [rechtsstaatliche] Gesetzgebung. .. Die Quintessenz ist, dass diese Abkommen überarbeitet, geändert oder beendet werden müssen.")

    Auch das "Schweiz Magazin" berichtet in einem Beitrag auf seiner Internetseite vom 06.05.2015 über die Warnung Herrn de Zayas'. Dort heißt es unter anderem (Zitat): "Regelungen der Arbeitsbedingungen und der Umwelt, sowie der Produktsicherheit, einschliesslich giftiger Nahrungsmittel und giftiger Luft und andere Verbraucherfragen, würden in die Hände von Gremien gelegt werden deren Mitglieder von internationalen Grossunternehmen ernannt werden. Ihre Entscheidungen würden die Macht demokratisch gewählter Regierungen, die diese Dinge bisher unter Kontrolle hatten, beseitigen. Gewählte nationale Regierungen würden quasi entfernt und von den internationalen Mega-Unternehmen ersetzt werden."



    Europäische Bürgerinitiative gegen TTIP und CETA



    (Quellen: Plusminus vom 20.05.2015, The Guardian vom 04.05.2015, Schweiz Magazin vom 06.05.2015, Wikipedia )