Donnerstag, 2. Juli 2015

Eigenes Foto auf Facebook: Angeklagt und verurteilt?

Panoramafreiheit europaweit einführen und rechtlich absichern!
Ich verwende hier, bis auf wenige Ausnahmen, ausschließlich eigene Fotos. Die Ausnahmen beschränken sich auf Fotos mit Open Content Lizenzen (Creative Commons etc.), die unter den gleichen Bedingungen, wie das Original, frei verwendet werden dürfen. Meine eigenen Fotos stelle ich ebenfalls zur Weiterverwendung entsprechend einer Creative Commons Lizenz zur Verfügung.

Im Wesentlichen zeige ich auf meinen Fotos Landschaften, Stadtansichten, Gebäude etc. zu denen es etwas zu erzählen gibt. Dabei habe ich mich urheberrechtlich bisher immer auf der sicheren Seite gefühlt. Sofern das EU-Parlament am 09.07.2015 über die Abschaffung der Panoramafreiheit abstimmen sollte, würden meine Fotos, die ich in "juwi's welt" zeige, aus Sicherheitsgründen wohl bald so aussehen, wie es auf dem Foto oben links zu sehen ist ("Nachher").

Panoramafreiheit heißt so viel wie, dass man im öffentlichen Raum fotografieren und die Fotos, beispielsweise in Blogs oder in sozialen Netzwerken, veröffentlichen und mit anderen Menschen teilen darf. Ebenfalls ist es möglich, für die Verwendung seiner Fotos durch Dritte eine Gebühr zu verlangen.



Selfie könnte zum Streitfall werden (ARD Nachtmagazin vom 25.06.2015)

Ebenso wie in Deutschland ist es in den meisten EU-Mitgliedsländern erlaubt, im öffentlichen Raum zu fotografieren, die Fotos zu veröffentlichen oder zu vertreiben, auch wenn darauf öffentliche Gebäude zu erkennen sind. Sollte das EU-Parlament für die Abschaffung der Panoramafreiheit stimmen, würde dem ein Riegel vorgeschoben werden. Wie ich jetzt erfahren habe, gibt es einige wenige Länder in der EU, wie beispielsweise Frankreich oder Italien, in denen es die für uns so selbstverständliche Panoramafreiheit nicht gibt. Frau Reda (Piratenpartei, Mitglied des Europäischen Parlaments - MdEP) hat deshalb einen Versuch unternommen, die Panoramafreiheit auf alle EU-Mitgliedsländer auszuweiten.

Auf Initiative von Herrn Cavada (MdEP, Liberale im Europaparlament) ist die Forderung Frau Redas, die Panoramafreiheit europaweit rechtlich abzusichern, im Rechtsausschuss des EU-Parlaments jedoch ins absolute Gegenteil verkehrt worden. Anstelle der Ausweitung der Panoramafreiheit auf die wenigen Länder, in denen es dafür noch keine gesetzliche Regelung gibt, will Herr Cavada die Panoramafreiheit - wenn ich es richtig interpretiere bis auf die nichtkommerzielle Nutzung eines Fotos - in allen anderen Mitgliedsländern der EU abschaffen. - Vielleicht sollten die "Liberalen im Europaparlament" einmal ernsthaft darüber nachdenken, den Begriff "Liberal" in ihrem Namen durch den Begriff "Restriktiv" zu ersetzen!

Ursprünglich hatte die Forderung Frau Redas folgenden Wortlaut:
"fordert den Gesetzgeber der EU auf sicherzustellen, dass die Nutzung von Fotografien, Videomaterial oder anderen Abbildungen von Werken, die dauerhaft an öffentlichen Orten platziert sind, gestattet ist."
Entsprechend des Änderungsantrags 421, der durch den Rechtsausschuss mit den Stimmen der Christdemokraten, Sozialdemokraten und Jean-Marie Cavada (Liberale) angenommen wurde, ist die ehemalige Forderung von Frau Reda nicht mehr wiederzuerkennen. Sie lautet nun:
"vertritt die Auffassung, dass die gewerbliche Nutzung von Fotografien, Videomaterial oder anderen Abbildungen von Werken, die dauerhaft an physischen öffentlichen Orten platziert sind, immer an die vorherige Einwilligung der Urheber oder sonstigen Bevollmächtigten geknüpft sein sollte." (!!!)


Nichtkommerzielle Verwendung - (k)ein Problem?

Frau Reda schreibt auf ihrer Internetseite, dass eine Beschränkung der Panoramafreiheit auf nichtkommerzielle Verwendung auf den ersten Blick nur ein Problem für Unternehmen zu sein scheint, die durch den Verkauf von Fotos, auf denen öffentliche Gebäude etc. zu sehen sind, Geld verdienen wollen. Die Unterscheidung zwischen kommerziell und nichtkommerziell sei jedoch weitaus schwieriger, als die meisten Menschen im allgemeinen annehmen. Als Beispiel nennt sie die Veröffentlichung von Fotos in sozialen Netzwerken, wie beispielsweise Facebook (Zitat):
.. Wenn du ein Urlaubsfoto auf dein Facebookprofil lädst, verdienst du damit kein Geld. Du stimmst allerdings den Nutzungsbedingungen von Facebook zu, in denen steht, dass du Facebook das Recht zur kommerziellen Nutzung deiner Bilder einräumst (Abschnitt 9.1 der Nutzungsbedingungen von Facebook) und dass du alle nötigen Rechte an dem Bild besitzt, um diese kommerzielle Nutzung durch Facebook zu erlauben (Abschnitt 5.1). Das bedeutet, dass du nach einer Einschränkung der Panoramafreiheit auf nichtkommerzielle Zwecke für jedes deiner Urlaubsfotos prüfen müsstest, ob es ein Gebäude oder öffentliches Kunstwerk zeigt, ob dieses Werk urheberrechtlich geschützt ist (das heißt, ob der Architekt oder die Künstlerin vor mehr als 70 Jahren gestorben ist) und wer heutzutage die Rechte an diesem Werk besitzt. Dann musst du mit dem Rechteinhaber oder der verantwortlichen Verwertungsgesellschaft einen Lizenzvertrag abschließen, der die kommerzielle Nutzung des Bilds durch Facebook ausdrücklich erlaubt, bevor du es bei Facebook hochladen darfst. Das gleiche gilt für andere soziale Netzwerke oder kommerzielle Fotoplattformen, die ihre Nutzungsbedingungen für gewöhnlich so gestalten, dass sie vor Haftung geschützt sind. Eine Einschränkung der Panoramafreiheit auf nichtkommerzielle Nutzungen würde also Millionen von Europäerinnen und Europäerin in Konflikt mit dem Urheberrecht bringen, wenn sie ihre völlig harmlosen, alltäglichen Gewohnheiten im Umgang mit Urlaubsfotos nicht fundamental ändern. Es ist in diesem Zusammenhang wichtig darauf hinweisen, dass urheberrechtliche Forderungen nicht immer auf das Zivilrecht beschränkt sind und unter Umständen auch das Strafrecht berührt sein kann (was in der Praxis unterschiedlich konsequent durchgesetzt wird). ..
  • Angeklagt und verurteilt, nur weil man
    ein eigenes Foto mit harmlosem Inhalt
    im Internet veröffentlicht hat?


Petition

Wenn das EU-Parlament dem Gesetzentwurf entsprechend der Forderung Herrn Cavadas zustimmen sollte, dann wäre die Straßen-, Reise- und Architektur-Fotografie, so wie wir sie seit jeher kennen, verboten. Wie Herr Trinkhaus auf der Petitionsplattform Change.org zutreffend schreibt, wäre es nicht möglich, den Architekten jedes einzelnen öffentlichen Gebäudes, das auf den eigenen Fotos zu sehen ist, zu ermitteln, damit man irgendwann vielleicht eine Erlaubnis erhält, um sein Foto rechtmäßig veröffentlichen oder verkaufen zu können. Deshalb hat er eine Petition an das europäische Parlament initiiert, mit der er die Mitglieder des Europäischen Parlaments dazu auffordert,
  • die Panoramafreiheit nicht zu beschneiden
und stattdessen
  • die Panoramafreiheit in allen Mitgliedsstaaten der EU einzuführen.

Die Petition kann auf der Internetseite von Change.org online unterzeichnet werden.


Zum Weiterlesen

Der komplette Beitrag von Frau Reda mit weiteren Beispielen dafür, dass das Fotografieren im öffentlichen Raum zu einem unkalkulierbaren finanziellen Risiko werden oder gar strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen könnte, falls die bestehende Panoramafreiheit nicht erhalten bleibt und auf alle anderen EU-Mitgliedsländer ausgeweitet wird, findet sich auf ihrer Internetseite.


"Bezüglich der Panoramafreiheit wurde ein besorgniserregender Änderungsantrag mit Unterstützung von EPP und S+D angenommen. Er besagt, dass kommerzielle Verwendungen von Reproduktionen von Werken im öffentlichen Raum stets einer Erlaubnis der Rechteinhaber bedürfen. Das würde Rechte einschränken, die in vielen Mitgliedsstaaten heute gelten und neue Rechtsunsicherheit schaffen, u.A. für viele Fotos die Nutzer*innen auf (kommerziellen) Foto-Sharing-Diensten veröffentlichen. Dokumentarfilmproduktionen müssten den Urheberrechtsstatus jedes Gebäudes, jeder Statue oder sogar jedes Graffitis recherchieren, die in ihren Filmen abgebildet sind, und die Erlaubnis der jeweiligen Rechteinhaber einholen. Das ist schlicht absurd."

Julia Reda


(Quellen: Change.org, Homepage von Julia Reda, Wikipedia )

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